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Anarchie
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Ralf Rudolfy
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Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#74164) Verfasst am: 12.01.2004, 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

Sanne hat folgendes geschrieben:
Stiller Mitleser hat folgendes geschrieben:

Die Demokratie ist eines der einfachsten Systemen, aber sicherlich nicht das beste, ich denke da z.B. an eine klar strukturierte Anarchie


Ist das nicht ein Widerspruch in sich Am Kopf kratzen



Nein, keineswegs. Entgegen der landläufigen Meinung, die häufig "Anarchie" mit "Chaos" gleichsetzt, handelt es bei Anarchie um einen Zustand ohne Herrschaft (das kann natürlich auch ein Zustand des Chaos sein, aber das drückt der Begriff nicht aus). Eine anarchistisch verfaßte Gesellschaft wäre eine, die von den ihr angehörenden Induviduen ohne Zwang einer übergeordneten Autorität gestaltet wird; eine Ordnung ohne Herrschaft, dafür in Selbstbestimmung und Selbstverwaltung. Letztendlich wäre Anarchie eine Direktdemokratie in ihrer konsequentesten Form.
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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Imperator Palpatine
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Anmeldungsdatum: 08.09.2003
Beiträge: 359

Beitrag(#74177) Verfasst am: 12.01.2004, 17:27    Titel: Antworten mit Zitat

Paul Alleine hat folgendes geschrieben:
NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
ich meinte ganz ausdrücklich die extreme linke



Zählst Du folgende Parteien, orgs und Personen etwa auch als extreme Linke?

KPD (Roter Morgen), KPD/ML, KPD-Aufbau (Roter Oktober), enver-hoxha-org, kraetzae, APD/FAU, Animal Peace, maqi-vegans gegen Tierspeziesismus, Wald-FKK, RK lambda, whk /wissenschaftlich-humanitäres-komitee, Oskar Lafontaine, Christian Stroebele.

Da ist nicht eine drunter die linksextrem ist, das wollte ich bloß mal bemerkt haben. Obigen stehen wir sehr nahe! Wir sind zwar Linke und radikaldemokratisch, aber nicht linksextrem Ausrufezeichen Ausrufezeichen Ausrufezeichen

Paul


Wo fängt für dich denn die extreme Linke an? Erst, wenn der Boden des GG verlassen worden ist? So gesehen gäbe es dann auch keine extreme Rechte.
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Jabberwock
burbles as he comes



Anmeldungsdatum: 09.10.2003
Beiträge: 107

Beitrag(#74223) Verfasst am: 12.01.2004, 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

Stiller Mitleser hat folgendes geschrieben:


Die Demokratie ist eines der einfachsten Systemen, aber sicherlich nicht das beste, ich denke da z.B. an eine klar strukturierte Anarchie



Schön wäre es ja; wenn nur der Weg dahin nicht schon voller Widersprüche steckte.
Literaturtip: Die Erinnerungen Erich Mühsams an den Kampf der deutschen Anarchistenbewegung während der Münchner Räterepublik um die Etablierung anarchistischer Strukturen.

Das Problem ist folgendes:
Die Errichtung der Anarchie stößt auf den Widerstand all jener, welche dadurch Privilegien verlören. Sich dieses Widerstands zu erwehren erfordert die Einrichtung von gesellschaftlichen Schutzmechanismen. Damit diese effektiv ihre Aufgabe erfüllen können, benötigen sie ein gewisses Maß an selbständiger Entscheidungsbefugnis. Und schon gelangen wir wieder über kurz oder lang zu Strukturen, wie sie auch einer Staatsorganisation eigen sind. Und das steht ja im Widerstreit zur anarchistischen Idee.
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Ralf Rudolfy
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Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#74236) Verfasst am: 12.01.2004, 20:02    Titel: Antworten mit Zitat

Jabberwock hat folgendes geschrieben:

Das Problem ist folgendes:
Die Errichtung der Anarchie stößt auf den Widerstand all jener, welche dadurch Privilegien verlören. Sich dieses Widerstands zu erwehren erfordert die Einrichtung von gesellschaftlichen Schutzmechanismen. Damit diese effektiv ihre Aufgabe erfüllen können, benötigen sie ein gewisses Maß an selbständiger Entscheidungsbefugnis. Und schon gelangen wir wieder über kurz oder lang zu Strukturen, wie sie auch einer Staatsorganisation eigen sind. Und das steht ja im Widerstreit zur anarchistischen Idee.


Ja, ich denke, das umreißt das Problem ziemlich genau. Ich kann mir eine anarchistische Gesellschaft gut vorstellen, nicht aber den Übergang zu einer solchen. Da, wo er versucht wurde, ist er (u.a.) am Widerstand der bestehenden Strukturen gescheitert. Die Kernfrage ist einfach: wie kann nach einem möglichen Verschwinden der alten Machtstrukturen verhindert werden, daß das hierbei entstehende Machtvakuum durch neue Machtstrukturen ausgefüllt wird?

Auf der anderen Seite heißt das aber auch nicht, daß das Bestehende auch das maximal mögliche ist. Sich etwas Besseres als das Bestehende vorstellen zu können, ist Voraussetzung für jeden Fortschritt.
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LIBERTAD
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Anmeldungsdatum: 25.12.2003
Beiträge: 22

Beitrag(#74253) Verfasst am: 12.01.2004, 21:19    Titel: Anarchie durch neue Aufklärung Antworten mit Zitat

Ganz eurer Meinung! Dieses Geschwafel, wir hätten heute das "Ende der Geschichte" erreicht, was immer das auch sein mag, ist für jemanden, der nur etwas Ahnung von Geschichte hat, einfach lächerlich. Das Veränderung nicht möglich ist wurde zu allen zeiten von denen verbreitet, denen der status quo am meisten genützt hat, und so auch heute.
Wenn die Geschichte aber weiter geht, so sollte sie doch unbedingt einen guten Weg, hin zu mehr Freiheit einschlagen. Und der Endpunkt dieser Entwicklung ist per definitionem die Anarchie. Allerdings glaube ich nicht, dass Anarchie durch eine Revolution zu erreichen ist, denn eine Revolution ist immer auch gewalttätig, und offensive Gewalt bedeutet immer Herrschaft. Ich stelle mir eher eine geistige Entwicklung der Menschen nach <a href="http://www.ntsearch.com/search.php?q=Art&v=53&src=zon">Art</a> der Aufklärung vor-Die hat ja auch die Welt auf friedliche Weise von grund auf verändert.
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#74265) Verfasst am: 12.01.2004, 21:43    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
Ich kann mir eine anarchistische Gesellschaft gut vorstellen, nicht aber den Übergang zu einer solchen.

Ich glaube nicht, dass dies nur ein Übergangsproblem ist:

Nehmen wir einmal an, durch irgendeinen Trick hätte man den Übergang zu einer anarchistischen Gesellschaft geschafft.

Frage: Wie würde in einer solchen anarchistischen Gesellschaft das folgende ethische Problem gelöst:

Wie wird in dieser Gesellschaft dafür gesorgt, dass die Starken (Klugen, Grossen, Gesunden, ...) nicht die Schwachen (Dummen, Kleinen, Kranken, ...) ausgebeuten und unterdrücken?

Zu diesem Behufe besitzt eine demokratische Gesellschaft Institutionen, deren Aufgabe es ist, das zu gewährleisten (Gesetze, Polizei, Behörden...), die die Macht bekommen, das auch durchzusetzen. Darüber hinaus gibt es in der Demokratie andere Institutionen, die diese Macht kontrollieren (Parlamente, Gerichte, Wahlen, Parteien, ...) und deren AUfgabe es ist, den Missbrauch der Macht zu bekämpfen. Das funktioniert nicht 100% perfekt, und ist immer wieder verbesserungsbedürftig, aber es funktioniert leidlich, und wir kennen z. Zt. nichts besseres. (Das ist die Theorie der "Offenen Gesellschaft" von Karl Popper. Band 1: Der Zauber Platons und Band 2: Falsche Propheten; Hegel, Marx und die Folgen)

Ich sehe keine Chance, den Schutz von Schwachen ohne Institutionen (und damit ohne Herrschaftsstrukturen) sicherzustellen. Siehst Du eine?
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#74278) Verfasst am: 12.01.2004, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich sehe keine Chance, den Schutz von Schwachen ohne Institutionen (und damit ohne Herrschaftsstrukturen) sicherzustellen. Siehst Du eine?

struktur impliziert keineswegs herrschaft.
eine netz-struktur z.b. muß nicht unbedingt zentrale knoten aufweisen;
ein dezentrales netz weist sogar erhebliche vorteile gegenüber einem hierarchischen netz mit zentralem knoten auf.
beispiel: das internet.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#74291) Verfasst am: 12.01.2004, 22:18    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich sehe keine Chance, den Schutz von Schwachen ohne Institutionen (und damit ohne Herrschaftsstrukturen) sicherzustellen. Siehst Du eine?

struktur impliziert keineswegs herrschaft.
eine netz-struktur z.b. muß nicht unbedingt zentrale knoten aufweisen;
ein dezentrales netz weist sogar erhebliche vorteile gegenüber einem hierarchischen netz mit zentralem knoten auf.
beispiel: das internet.
Schon richtig, aber KP's Einwand verstehe ich eher in die Richtung, daß schwache Knoten absterben. Übrigens sind viele effizienten Netze mindestens selbstähnlich, haben also durchaus eine gewisse hierarchische Struktur.

Ich sehe die Anarchie eher als evolutionär instabil an. Sie berücksichtigt nicht die spieltheoretische / soziale Rolle des Menschen und auch nicht die biologische Konkurrenzsituation der replizierenden Gene in einem Pool.

gruß/step
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#74302) Verfasst am: 12.01.2004, 22:34    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich sehe keine Chance, den Schutz von Schwachen ohne Institutionen (und damit ohne Herrschaftsstrukturen) sicherzustellen. Siehst Du eine?

struktur impliziert keineswegs herrschaft.
eine netz-struktur z.b. muß nicht unbedingt zentrale knoten aufweisen;
ein dezentrales netz weist sogar erhebliche vorteile gegenüber einem hierarchischen netz mit zentralem knoten auf.
beispiel: das internet.

Strukturen mit Macht über Menschen sind für mich Herrschaftsstrukturen. Für Dich nicht? Auch das Internet besitzt Herrschaftsstrukturen (Beispiele: Moderatoren, Internetprovider, Administratoren, Mail-abuse-Beschwerdestellen, ...). Die Netzknoten funktionieren nur deshalb so herrschaftsfrei, weil sie programmiert sind, ihre Protokolle sklavisch abzuarbeiten, also nicht die Freiheit haben, andere Knoten zu unterdrücken. (Die Hierarchien der Domain-Namen sind dann wirklich Beispiele für Hierarchien, die keine Herrschaftsstrukturen sind. Aber wie gesagt: es sind Sklaven. Sobald jemand die Sklaven zu Aufmüpfigen macht (zum Beispiel diurch "denial-of-Service"-Attacken, braucht man wieder Macht und Herrschaft: Jemand der die befallenen Knoten abklemmt).

Das bringt mich auf eine Idee, wie eine anarchistische Gesellschaft funktionieren könnte: Durch geistige Versklavung der Menschen, durch Züchtung von Menschen, die keinen freien Willen haben. Aber das ist für mich keine wünschenwerte Alternative.

Die Frage bleibt: Sieht jemand eine Alternative zur (kontollierten) Macht?
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Ralf Rudolfy
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Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#74307) Verfasst am: 12.01.2004, 22:57    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
Ich kann mir eine anarchistische Gesellschaft gut vorstellen, nicht aber den Übergang zu einer solchen.

Ich glaube nicht, dass dies nur ein Übergangsproblem ist:

Nehmen wir einmal an, durch irgendeinen Trick hätte man den Übergang zu einer anarchistischen Gesellschaft geschafft.

Frage: Wie würde in einer solchen anarchistischen Gesellschaft das folgende ethische Problem gelöst:

Wie wird in dieser Gesellschaft dafür gesorgt, dass die Starken (Klugen, Grossen, Gesunden, ...) nicht die Schwachen (Dummen, Kleinen, Kranken, ...) ausgebeuten und unterdrücken?


Ausbeuten und unterdrücken kann jemand nur, wenn er die Mittel hat, seine Ansprüche durchzusetzen, z.B. durch Waffengewalt, Kapitalanhäufung, ein "Gewaltmonopol" oder dergleichen. Die beste Versicherung dagegen ist, wenn es diese Machtmittel nicht gibt oder so verteilt sind, daß ein Mißbrauch durch einzelne oder eine kleine Gruppe ausgeschlossen werden kann.

Zitat:
Zu diesem Behufe besitzt eine demokratische Gesellschaft Institutionen, deren Aufgabe es ist, das zu gewährleisten (Gesetze, Polizei, Behörden...), die die Macht bekommen, das auch durchzusetzen. Darüber hinaus gibt es in der Demokratie andere Institutionen, die diese Macht kontrollieren (Parlamente, Gerichte, Wahlen, Parteien, ...) und deren AUfgabe es ist, den Missbrauch der Macht zu bekämpfen.


Ich fürchte, das ist das Bild, wie es sein sollte, aber eindeutig nicht ist. Polizei, Justiz, Behörden, Militär usw. diesen keineswegs in erster Linie den Interessen der "Schwachen", sondern häufiger denen der Mächtigen, weil sie nur durch die Mächtigen an deren Macht partizipieren können.

Zitat:
Ich sehe keine Chance, den Schutz von Schwachen ohne Institutionen (und damit ohne Herrschaftsstrukturen) sicherzustellen. Siehst Du eine?


Ja, die sehe ich durchaus. Stell Dir mal eine Dorf, Stadt, Regionalverwaltung oder dergleichen vor, die zwar einen Repräsentanten gewählt hat (weil es einfach einen geben muß, der sich eben hauptamtlich um bestimmte Dinge kümmert), der aber keine Befugnis hat, eigenmächtig Entscheidungen außerhalb des ihm aufgetragenen Rahmens zu treffen und der auch keine Möglichkeit hat, diese mit Gewalt durchzusetzen.
Nötig wäre es Voraussetzung, daß nicht ein Großteil der Bevölkerung sich passiv verhält und den Gewählten nach Gutdünken handeln läßt. Ich bin überzeugt, daß der allergrößte Teil der Menschen dazu auch bereit ist, denn die sogenannte Politikverdrossenheit rührt ja aus dem Gefühl, sowieso nichts aktiv mitgestalten zu können.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#74310) Verfasst am: 12.01.2004, 23:08    Titel: Antworten mit Zitat

Als anarchistisch wird auch eine Bewegung bezeichnet, die einige Hierarchien abgeschafft hat, oder das tun will. Die Emanzipation, antiauthoritäre Erzierhung, Demokratisierung, als auch die industrielle Revolution und damit der Kapitalismus waren in ihrer Zeit anarchistisch. Vor Chaos und totaler Anarchie warnen üblicherweise vor allem diejenigen, die an der Macht sind. Männer, Eltern, Monarchen, Feudalherren sprachen Frauen, Kindern, Bürgern und Bauern einerseits die Fähigkeit ab, ihre Geschicke überhaupt selbst in die Hand zu nehmen, behaupteten weiters, dass ihre Herrschaft ja nur zum Wohle ihrer Untergebenen ist und dass letzlich ohne ihre Herrschaft das totale Chaos ausbrechen würde.
Ähnliche Töne hört man heutzutage z.B. in Bezug auf Mitbestimmung von Arbeitern im Betrieb, oder Rechte für Jugendliche (obwohl sich die Altersgrenzen nach unten verschoben haben).

Anarchisten fordern nicht notwendigerweise die totale Abschaffung jeglicher Hierarchie. Noam Chomsky z.B. fordert so wenig Hierarchie, als nötig. Hierarchien sollten, falls möglich, durch flachere demokratischere Strukturen ersetzt werden.

Heute ist das Wort leider stark negativ besetzt. IMHO macht es keinen Sinn mehr das Wort zu rehabilitieren.

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
Ich kann mir eine anarchistische Gesellschaft gut vorstellen, nicht aber den Übergang zu einer solchen.

Du gibst also zu, dass die totale Anarchie eine Schwachstelle hat. Warum glaubst du, dass diese nur in der Übergangszeit ein Problem darstellt?
Das ganze läuft auf das gute, alte Gefangenendilemma hinaus. Je weniger Barrieren es gegen Mißbrauch gibt und je mehr Menschen selbst keinen Mißbrauch betreiben, desto größer wird der Anreiz diese Situation auszunutzen.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Wie wird in dieser Gesellschaft dafür gesorgt, dass die Starken (Klugen, Grossen, Gesunden, ...) nicht die Schwachen (Dummen, Kleinen, Kranken, ...) ausgebeuten und unterdrücken?

Dass große Menschen Vorteile haben beim Aufsteigen in der Hierarchie ist erwiesen. Gleiches gilt für Schönheit.
Ob aber Gesundheit und vor allem Klugheit etwas damit zu tun hat, möchte ich mal stark anzweifeln. Ich habe gelesen, dass z.B. in den unternehmerischen Chefetagen nach wie vor das Großbürgertum sitzt. Man kennt sich und verschafft seinesgleichen lukrative Posten. Wer nicht den richtigen Habitus schon von Kindheit an aufgesaugt hat, hat wenig Chancen bis nach ganz oben vorzustoßen.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Zu diesem Behufe besitzt eine demokratische Gesellschaft Institutionen, deren Aufgabe es ist, das zu gewährleisten (Gesetze, Polizei, Behörden...), die die Macht bekommen, das auch durchzusetzen.

Was Konservative/Rechte/Faschisten nicht verstehen ist, dass hierbei nicht "viel hilft viel" gilt. Hierarchien werden immer durch diejenigen ausgenutzt, die oben sind. Ab einem gewissen Grad wird ein mehr an Polizei, Befungnissen usw. kontraproduktiv. Dann entsteht staatliche und polizeiliche Willkür. Im Extremfall wäre jeder ein Polizist. Damit hätten wir erst wieder totale Anarchie.


Zuletzt bearbeitet von Sokrateer am 13.01.2004, 00:07, insgesamt einmal bearbeitet
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step
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Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#74315) Verfasst am: 12.01.2004, 23:20    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Das bringt mich auf eine Idee, wie eine anarchistische Gesellschaft funktionieren könnte: Durch geistige Versklavung der Menschen, durch Züchtung von Menschen, die keinen freien Willen haben.
Vermutlich müßten sie zudem auch noch genetische Klone sein.
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Klaus-Peter
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Beiträge: 1534

Beitrag(#74320) Verfasst am: 12.01.2004, 23:29    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
[...]
Wie wird in dieser Gesellschaft dafür gesorgt, dass die Starken (Klugen, Grossen, Gesunden, ...) nicht die Schwachen (Dummen, Kleinen, Kranken, ...) ausgebeuten und unterdrücken?

Ausbeuten und unterdrücken kann jemand nur, wenn er die Mittel hat, seine Ansprüche durchzusetzen, z.B. durch Waffengewalt, Kapitalanhäufung, ein "Gewaltmonopol" oder dergleichen. Die beste Versicherung dagegen ist, wenn es diese Machtmittel nicht gibt oder so verteilt sind, daß ein Mißbrauch durch einzelne oder eine kleine Gruppe ausgeschlossen werden kann.

Die Mittel hat nun aber einmal jeder: Wenn ich einen Kopf grösser bin als Du, dann hau ich das Geld aus Dir raus. Wenn ich einen Kopf kleiner aber klüger bin, dann zocke ich es Dir ab und kaufe mir dafür die Kraft von einem der einen Kopf grösser ist. Wenn ich auf diese Art genug Geld habe, lasse ich von einem anderen, der auf mein Geld scharf ist, ein paar schöne Waffen bauen. Dann habe ich ein lokales Gewaltmonopol. Das kann ich ausbauen ....

Wie würdest Du diese meine Vorgehensweise unterbinden?
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Klaus-Peter
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Beitrag(#74322) Verfasst am: 12.01.2004, 23:34    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Was Konservative/Rechte/Faschisten nicht verstehen ist, dass hierbei nicht "viel hilft viel" gilt. Hierarchien werden immer durch diejenigen ausgenutzt, die oben sind. Ab einem gewissen Grad wird ein mehr an Polizei, Befungnissen usw. kontraproduktiv. Dann entsteht staatliche und polizeiliche Willkür.

Genau deshalb schrieb ich von Wechselspiel: Institutionen, die Macht ausüben ("notwendiges Übel") und Institutionen die Macht kontrollieren ("das kritische Element"). Dieses Wechselspiel muss durch gesellschaftlichen Diskurs immer wieder kritisiert und verbessert werden.
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#74324) Verfasst am: 12.01.2004, 23:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Das bringt mich auf eine Idee, wie eine anarchistische Gesellschaft funktionieren könnte: Durch geistige Versklavung der Menschen, durch Züchtung von Menschen, die keinen freien Willen haben.
Vermutlich müßten sie zudem auch noch genetische Klone sein.

Das :stimmt: natürlich.
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max
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Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#74387) Verfasst am: 13.01.2004, 01:05    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Wie wird in dieser Gesellschaft dafür gesorgt, dass die Starken (Klugen, Grossen, Gesunden, ...) nicht die Schwachen (Dummen, Kleinen, Kranken, ...) ausgebeuten und unterdrücken?

Ausbeuten und unterdrücken kann jemand nur, wenn er die Mittel hat, seine Ansprüche durchzusetzen, z.B. durch Waffengewalt, Kapitalanhäufung, ein "Gewaltmonopol" oder dergleichen. Die beste Versicherung dagegen ist, wenn es diese Machtmittel nicht gibt oder so verteilt sind, daß ein Mißbrauch durch einzelne oder eine kleine Gruppe ausgeschlossen werden kann.

Das ist der entscheidene Punkt. Die Frage ist, wie ist die Gesellschaft ökonomisch organisiert und wie sie ökonomischen Machtverhältnisse. Wenn es keinen Privatbesitz an Produktionsmittel gibt, sondern eine demokratische Kontrolle der Wirtschaft und es auch keine Minderheiten (wie die Gewaltorgane des bürgerlichen Staats) mit Gewaltmonopol gibt, wie will jemand dann andere unterdrücken und ausbeuten?

Es ist ein krasses Unverständis von Klassengesellschaften zu fragen, wie verhindert werden kann, dass die Klugen, Gesunden etc. nicht andere ausbeuten. Wer sagt, dass heutige Kapitalisten klug, gesund oder gross wären? Die Mehrheit der Kapitalisten (85%) ist deshalb Kapitalist, weil er/sie in diese Klasse geboren wurde, also von Geburt an mehr Privilegien und mehr Möglichkeiten als Angehörige anderer Klassen hatte. Es benötigt schon eine gewaltige Ladung Dummheit um den sozialen Abstieg aus dieser Klasse zu schaffen.

/Edit: siehe Gibt es heute noch Klassen?
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Zuletzt bearbeitet von max am 13.01.2004, 01:39, insgesamt einmal bearbeitet
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Jabberwock
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Anmeldungsdatum: 09.10.2003
Beiträge: 107

Beitrag(#74393) Verfasst am: 13.01.2004, 01:19    Titel: Antworten mit Zitat

Das Grundproblem bleibt aber doch bestehen, nämlich wie der Übergang von einer durch Hierarchien gekennzeichneten Klassengesellschaft zur Anarchie vollzogen werden kann, ohne dass während dieses Übergangsprozesses die Keime einer neuerlichen Hierarchisierung mitgeschleppt werden.

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max
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Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#74396) Verfasst am: 13.01.2004, 01:37    Titel: Antworten mit Zitat

Jabberwock hat folgendes geschrieben:
Das Grundproblem bleibt aber doch bestehen, nämlich wie der Übergang von einer durch Hierarchien gekennzeichneten Klassengesellschaft zur Anarchie vollzogen werden kann, ohne dass während dieses Übergangsprozesses die Keime einer neuerlichen Hierarchisierung mitgeschleppt werden.

Das war eigentlich meist gar nicht das Problem, das Schicksal der Oktoberrevolution ist hier eine Ausnahme. Das grösste Problem bei den Revolutionen im Kapitalismus war, dass die alte herrschende Klasse wieder die Macht übernommen hat. Das war bei den Revolutionen in Deutschland und Italien nach dem Ersten Weltkrieg so und war auch z.B. auch bei den Revolutionen 1989 so (mit der Ausnahme der DDR, wo westdeutsche Kapitalisten die Macht übernahmen).

Das Problem ist der Aufbau eigener Machtstrukturen gegen die alten. Es logisch, dass Machstrukturen, die die Interessen der Mehrheit gegen die alten Unterdrücker durchsetzen sollen, anders aufgebaut werden müssen, als die Unterdrückungsstrukturen im Kapitalismus. Sie müssen demokratisch sein, alle Bereiche der Gesellschaft umfassen, Funktionsträger müssen rotieren und dürfen keinerlei Privilegien erhalten etc. Natürlich kann so ein System nur funktionieren, wenn die Mehrheit aktiv dieses trägt und stützt - und es gegen Karrieristen und die alten Herrschenden verteidigt. Dafür müssen die Menschen erst einmal das Selbstbewusstsein entwickeln, dass sie die Gesellschaft selbst kontrollieren können und nicht irgendwelche Stellvertreter/Experten/erleuchtete Buddhas brauchen. Dies ist nur möglich, wenn die Revolution das Werk der Mehrheit ist und also auch die neue Gesellschaft deutlich sichtbar das Werk der Mehrheit ist. Es muss das System der Menschen selbst sein. (um dies zu verdeutlichen, die staatskaptitalistichen Regime der DDR, UdSSR etc. waren nicht das System der Mehrheit, die folgerichtig es auch nicht verteidigte, sondern 1989 vernichtete).

Aber um eine neue Gesellschaft errichten zu können, müssen eigene Strukturen geschaffen werden, um diese gegen die heute Herrschenden durchzusetzen. Es ist eine eigene Organisation, eine eigene Machstruktur notwendig, da sonst es die Herrschenden viel zu einfach haben die Revolution niederzuschlagen und ihre Herrschaft mit minimalen Konzessionen (und noch mehr Brutalität) wieder zu festigen.
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Beitrag(#74427) Verfasst am: 13.01.2004, 08:41    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Die Mittel hat nun aber einmal jeder: Wenn ich einen Kopf grösser bin als Du, dann hau ich das Geld aus Dir raus. Wenn ich einen Kopf kleiner aber klüger bin, dann zocke ich es Dir ab und kaufe mir dafür die Kraft von einem der einen Kopf grösser ist. Wenn ich auf diese Art genug Geld habe, lasse ich von einem anderen, der auf mein Geld scharf ist, ein paar schöne Waffen bauen. Dann habe ich ein lokales Gewaltmonopol. Das kann ich ausbauen ....

Wie würdest Du diese meine Vorgehensweise unterbinden?


Das stimmt nur soweit, solange ich als "Großer" nur einen "Kleinen" auf einmal ausbeute. Fünf "Kleine" würden Mittel und Wege finden, mich daran zu hindern.
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Beitrag(#74429) Verfasst am: 13.01.2004, 08:47    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Die Mittel hat nun aber einmal jeder: Wenn ich einen Kopf grösser bin als Du, dann hau ich das Geld aus Dir raus. Wenn ich einen Kopf kleiner aber klüger bin, dann zocke ich es Dir ab und kaufe mir dafür die Kraft von einem der einen Kopf grösser ist. Wenn ich auf diese Art genug Geld habe, lasse ich von einem anderen, der auf mein Geld scharf ist, ein paar schöne Waffen bauen. Dann habe ich ein lokales Gewaltmonopol. Das kann ich ausbauen ....

Wie würdest Du diese meine Vorgehensweise unterbinden?


Das stimmt nur soweit, solange ich als "Großer" nur einen "Kleinen" auf einmal ausbeute. Fünf "Kleine" würden Mittel und Wege finden, mich daran zu hindern.


Nein, weil die untereinander dieselbe Hackordnung praktizieren. Die sind nur aus der Sicht des Großen alle gleich klein, bzw wenn der Große "schlau" ist, kann er die Kleinen zu seinem eigenen Nutzen gegeneinander aufbringen.

Meine persönlichen Befürchtungen bezüglich einer Anarchie sind ebenfalls, daß die Schwächeren, zu denen ich mich gelegentlich zähle, nicht mehr geschützt werden (das fällt wahrscheinlich auch unter den schon erwähnten Abbau von Privilegien)
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Beitrag(#74465) Verfasst am: 13.01.2004, 10:35    Titel: Antworten mit Zitat

Sanne hat folgendes geschrieben:


Nein, weil die untereinander dieselbe Hackordnung praktizieren. Die sind nur aus der Sicht des Großen alle gleich klein, bzw wenn der Große "schlau" ist, kann er die Kleinen zu seinem eigenen Nutzen gegeneinander aufbringen.

Meine persönlichen Befürchtungen bezüglich einer Anarchie sind ebenfalls, daß die Schwächeren, zu denen ich mich gelegentlich zähle, nicht mehr geschützt werden (das fällt wahrscheinlich auch unter den schon erwähnten Abbau von Privilegien)


Das halte ich für ein zu pessimistisches Menschenbild, das dem Menschen die Fähigkeit abspricht, im Sinne eines Gemeinschaftsinteresses zu handeln. Unbestritten ist, daß eine anarchistische Gesellschaft ein höheres Maß an Engagement und sozialer Kompetenz erfordert.
Es ist auch zu bedenken, daß der Mensch in starkem Maße von der Gesellschaft, in der er lebt, geprägt wird. Wer nichts anderes kennt als Hackordnung, wird sich auch eher demgemäß verhalten. Dagegen gibt es viele Beispiele, bei denen die freiwillige Unterordnung unter ein gemeinschaftliches Interesse sehr wohl funktioniert, solange sich der Einzelne mit dem gemiensamen Ziel indentifiziert.
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ric
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Beitrag(#74467) Verfasst am: 13.01.2004, 10:36    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
...Dagegen gibt es viele Beispiele, bei denen die freiwillige Unterordnung unter ein gemeinschaftliches Interesse sehr wohl funktioniert, solange sich der Einzelne mit dem gemiensamen Ziel indentifiziert.
Hast Du eines?
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Ralf Rudolfy
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Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#74473) Verfasst am: 13.01.2004, 10:43    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
...Dagegen gibt es viele Beispiele, bei denen die freiwillige Unterordnung unter ein gemeinschaftliches Interesse sehr wohl funktioniert, solange sich der Einzelne mit dem gemiensamen Ziel indentifiziert.
Hast Du eines?


Freiwillige Arbeit in Vereinen, Verbänden und dergleichen.

Ich selbst bin ehrenamtlich in der lokalen Kulturarbeit tätig weil
[1] es Spaß macht, eigene Ideen zu verwirklichen
[2] ich überzeugt bin, etwas für das soziale Leben Nützliches zu tun
[3] und es manchmal auch Anerkennung bringt (egoistischer Aspekt, den ich nicht ganz abstreiten kann).
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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Burkard Schulte-Vogelheim
Gast






Beitrag(#74530) Verfasst am: 13.01.2004, 12:25    Titel: Antworten mit Zitat

Imperator Palpatine hat folgendes geschrieben:
Paul Alleine hat folgendes geschrieben:
NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
ich meinte ganz ausdrücklich die extreme linke



Zählst Du folgende Parteien, orgs und Personen etwa auch als extreme Linke?

KPD (Roter Morgen), KPD/ML, KPD-Aufbau (Roter Oktober), enver-hoxha-org, kraetzae, APD/FAU, Animal Peace, maqi-vegans gegen Tierspeziesismus, Wald-FKK, RK lambda, whk /wissenschaftlich-humanitäres-komitee, Oskar Lafontaine, Christian Stroebele.

Da ist nicht eine drunter die linksextrem ist, das wollte ich bloß mal bemerkt haben. Obigen stehen wir sehr nahe! Wir sind zwar Linke und radikaldemokratisch, aber nicht linksextrem Ausrufezeichen Ausrufezeichen Ausrufezeichen

Paul


Wo fängt für dich denn die extreme Linke an? Erst, wenn der Boden des GG verlassen worden ist? So gesehen gäbe es dann auch keine extreme Rechte.


Bleiben wir einmal bei den genannten kommunistischen Sekten, der Rest ist mir unbekannt, Lafontaine ist eher eine traurige Gestalt und Ströbele gehört nicht hier hin, dann kann man sehr wohl sagen, sie sind extrem. Sie sind extrem, weil sie einen Alleinvertretungsanspruch auf Wahrheit haben. Sie sind extrem, weil härter als jeder Hardcore-Katholik eine Heiligenverehrung betr. ihrer geliebten Führer Stalin, Mao oder eben auch Hodscha betreiben. Sie sind extrem, weil sie, egal zu welchem Thema sie immer wieder ihre Religion als Kronzeuge vorführen. Und sie sind extrem, weil sie die Wirklichkeit schon gar nicht mehr wahrnehmen. Wo sie auftauchen fliegen sie innerhalb kürzester Zeit wieder raus, oft mit Brachialgewalt, nicht aus politischen Gründen, sondern weil sie unerträglich sind. Ein Fall also für einen Psychologen eher als für den Verfassungsschutz. Aber, etwas Gutes sei auch zu vermelden: Seit ca. 20 Jahren werden diese Sekten nicht mehr wahrgenommen und noch länger ist es her, daß als "progressive Arbeiter" verkleidete Kleinbürger in den Betrieben vereinzelt auftauchten.
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ric
Gast






Beitrag(#74533) Verfasst am: 13.01.2004, 12:30    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
ric hat folgendes geschrieben:
Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
...Dagegen gibt es viele Beispiele, bei denen die freiwillige Unterordnung unter ein gemeinschaftliches Interesse sehr wohl funktioniert, solange sich der Einzelne mit dem gemiensamen Ziel indentifiziert.
Hast Du eines?
Freiwillige Arbeit in Vereinen, Verbänden und dergleichen....
Ist das freiwillige Unterordnung unter ein Gemeinschaftliches Interesse? Du hast ein Beispiel gebracht, in dem Menschen etwas "zum Spaß" machen. Bei übergeordneten Interessen, z.B. Umweltschutz, wo es teilweise richtig weh tun kann sieht es schon anders aus. Da kann man zwar schon eine Menge an Menschen zusammenbekommen, die an einem Strang ziehen, es wird jedoch immer welche geben, die dagegen arbeiten. Und der Anreiz auszusteigen wird größer, je größer die Mehrheit ist, die auf ein Ziel hinarbeitet. zwinkern
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Sokrateer
souverän



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Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#74682) Verfasst am: 13.01.2004, 16:37    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
Das stimmt nur soweit, solange ich als "Großer" nur einen "Kleinen" auf einmal ausbeute. Fünf "Kleine" würden Mittel und Wege finden, mich daran zu hindern.

Und schon hast du wieder eine Institution und damit eine Hierarchie. Nämlich die rechtschaffenden Fünf. Damit die rechtschaffenden Fünf auch agieren können, müssen sie sich auf Regeln einigen (=Gesetzgebung), wann und wie zu handeln ist. Sie müssen dann konkret entscheiden (=Judikative) und handeln (=Exekutive).
Im Gegensatz zum modernen Staat, genügen die rechtschaffenden Fünf nicht einmal der Gewaltentrennung.

Wer sagt überhaupt, dass der Fall so klar ist? Wird der Kleine wirklich ausgebeutet, oder kommt es ihm nur so vor? In einem Konflikt behaupten meist beide Parteien den Kürzeren zu ziehen.

Was passiert z.B., wenn mehere Leute auf der gleichen Frequenz Fernsehen senden wollen? Das ist eine Frage, die sich auf ein großes Gebiet erstreckt, auf dem Millionen von Menschen leben können. Es kann aber immer nur einer Senden, sonst hat das ganze wenig Sinn.
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Ralf Rudolfy
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Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#74697) Verfasst am: 13.01.2004, 17:03    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
Das stimmt nur soweit, solange ich als "Großer" nur einen "Kleinen" auf einmal ausbeute. Fünf "Kleine" würden Mittel und Wege finden, mich daran zu hindern.

Und schon hast du wieder eine Institution und damit eine Hierarchie. Nämlich die rechtschaffenden Fünf. Damit die rechtschaffenden Fünf auch agieren können, müssen sie sich auf Regeln einigen (=Gesetzgebung), wann und wie zu handeln ist. Sie müssen dann konkret entscheiden (=Judikative) und handeln (=Exekutive).


Hmm... es wird nirgends behauptet, daß eine anarchistische Gesellschaft ohne vorher festgelegte und verbindliche Regeln auskommt. Zum anderen möchte ich nicht von einer Hierarchie sprechen, weil das Verhältnis Unterlegener/Überlegener auf die jweilige Situation begrenzt ist. Die "rechtschaffenen Fünf" sind eben nicht immer und automatisch im Recht.

Zitat:

Was passiert z.B., wenn mehere Leute auf der gleichen Frequenz Fernsehen senden wollen? Das ist eine Frage, die sich auf ein großes Gebiet erstreckt, auf dem Millionen von Menschen leben können. Es kann aber immer nur einer Senden, sonst hat das ganze wenig Sinn.


Du tust ja gerade so, als könne man sich auch heute nur mithilfe der Staatsgewalt gegen die Interessen anderer durchsetzen. Es soll noch sowas wie einen Kompromiß, zuweilen auch freiwillig, geben.

Du siehst Dich doch wahrscheinlich auch imstande, Dich in den meisten Fällen mit Deinen Mitmenschen friedlich zu einigen, ohne daß Dir der Staat zu Hilfe kommen muß, oder?

Aber ich will selbst mal feststellen: ich vertrete hier selbstverständlich keineswegs den Anarchismus als eine Art Heilslehre, die alle Probleme löst und alle Fragen beantwortet (sonst wären wir bei der Religion und das solls auf keinen Fall sein). Auf viele Fragen weiß ich auch keine Antwort.
_________________
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RdC
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Beitrag(#288128) Verfasst am: 22.04.2005, 17:21    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
Sanne hat folgendes geschrieben:
Stiller Mitleser hat folgendes geschrieben:

Die Demokratie ist eines der einfachsten Systemen, aber sicherlich nicht das beste, ich denke da z.B. an eine klar strukturierte Anarchie


Ist das nicht ein Widerspruch in sich Am Kopf kratzen



Nein, keineswegs. Entgegen der landläufigen Meinung, die häufig "Anarchie" mit "Chaos" gleichsetzt, handelt es bei Anarchie um einen Zustand ohne Herrschaft (das kann natürlich auch ein Zustand des Chaos sein, aber das drückt der Begriff nicht aus). Eine anarchistisch verfaßte Gesellschaft wäre eine, die von den ihr angehörenden Induviduen ohne Zwang einer übergeordneten Autorität gestaltet wird; eine Ordnung ohne Herrschaft, dafür in Selbstbestimmung und Selbstverwaltung. Letztendlich wäre Anarchie eine Direktdemokratie in ihrer konsequentesten Form.


Jaja, wenn man alles theoretisiert und abstrahiert, dann wird alles so schwammig, dass man jeden Blödsinn damit begründen kann.

Ich als Praktiker frage aber mal so ganz konkret:

Wer sorgt in einer Anarchie z.B. für die Stromversorgung?
Wer bestimmt wer wo ein Kraftwerk errichten darf?
Wie wird das Eigentum geregelt? (Um beim Strom-Beispiel zu bleiben: Wer verhindert, dass irgendjemand den Grund in Besitz nimmt in der meine Stromzuleitung verläuft und diese unterbricht?)
Und wer verhindert, dass irgendjemand (egal auf welchen Maßstab: Ob kriminelle Bande oder ein anderer Staat) einfach nach belieben plündert und brandschatzt?

Im Endeffekt würde die Anarchie nur dann funktionieren, wenn es nichts gibt, was man gemeinschaftlich erhalten muß: Also keinerlei Infrastruktur, keinerlei zentralisiertes und vor allem auch keine Feinde von außen.

Also nur auf Steinzeitniveau.
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RdC
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Beiträge: 740

Beitrag(#288134) Verfasst am: 22.04.2005, 17:39    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:


Ausbeuten und unterdrücken kann jemand nur, wenn er die Mittel hat, seine Ansprüche durchzusetzen, z.B. durch Waffengewalt, Kapitalanhäufung, ein "Gewaltmonopol" oder dergleichen. Die beste Versicherung dagegen ist, wenn es diese Machtmittel nicht gibt oder so verteilt sind, daß ein Mißbrauch durch einzelne oder eine kleine Gruppe ausgeschlossen werden kann.


Argh.

Bitte nicht so theoretisch.

Wie bitte, willst du JETZT GANZ KONKRET verhindern, dass Person A Person B mit einen Stein erschlägt indem du "die Machtmittel verteilst"?

Zitat:

Zitat:
Ich sehe keine Chance, den Schutz von Schwachen ohne Institutionen (und damit ohne Herrschaftsstrukturen) sicherzustellen. Siehst Du eine?


Ja, die sehe ich durchaus. Stell Dir mal eine Dorf, Stadt, Regionalverwaltung oder dergleichen vor, die zwar einen Repräsentanten gewählt hat (weil es einfach einen geben muß, der sich eben hauptamtlich um bestimmte Dinge kümmert), der aber keine Befugnis hat, eigenmächtig Entscheidungen außerhalb des ihm aufgetragenen Rahmens zu treffen und der auch keine Möglichkeit hat, diese mit Gewalt durchzusetzen.


Also eine Art gewählter Papst, der alle lieb hat und den niemand ernst nimmt?

Wie soll denn ohne Gewalt z.B. das Verbot von Mord & Totschlag aufrechterhalten werden?
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RdC
Zyniker



Anmeldungsdatum: 25.11.2004
Beiträge: 740

Beitrag(#288137) Verfasst am: 22.04.2005, 17:58    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Raulfs hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Die Mittel hat nun aber einmal jeder: Wenn ich einen Kopf grösser bin als Du, dann hau ich das Geld aus Dir raus. Wenn ich einen Kopf kleiner aber klüger bin, dann zocke ich es Dir ab und kaufe mir dafür die Kraft von einem der einen Kopf grösser ist. Wenn ich auf diese Art genug Geld habe, lasse ich von einem anderen, der auf mein Geld scharf ist, ein paar schöne Waffen bauen. Dann habe ich ein lokales Gewaltmonopol. Das kann ich ausbauen ....

Wie würdest Du diese meine Vorgehensweise unterbinden?


Das stimmt nur soweit, solange ich als "Großer" nur einen "Kleinen" auf einmal ausbeute. Fünf "Kleine" würden Mittel und Wege finden, mich daran zu hindern.


Exakt. Im Endeffekt würden sich Strukturen bilden, um zumindest ein bißchen Ordnung aufrecht zu erhalten. - Egal ob man es jetzt "fünf Kleine", Bürgerwehr, privater Sicherheitsdienst oder Mafia nennt.

Aber erstens ist das wieder Hierarchisch und zweitens mußt du erst mal beweisen dass das besser funktioniert als eine staatlich organisierte Sicherheit.

Wenn man sich nämlich die Regionen ansieht in denen die Sicherheit privat organisiert ist, dann finde ich das nicht wirklich wünschenswert.
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