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Neuerscheinung: Stollbergs Inferno (Salomon)
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Heike N.
wundert gar nix mehr



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop

Beitrag(#38530) Verfasst am: 09.10.2003, 19:12    Titel: Re: Störende Sex-Szenen in Stollbergs Inferno? Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Geschockt Du denkst, die warten anschließend darauf, dass sie geheiratet werden?


Soll bei manchen Frauen vorkommen zwinkern


Aber doch nur bei katholisch indoktrinierten, oder? Mr. Green

Zitat:
Na, Spass beiseite: in der Realitaet ist es wohl die sehr seltene Ausnahme, dass sich sexuelle Beziehungen auf solche Weise anbahnen, sowohl was die Rollenverteilung als auch den Zeitrahmen betrifft.


Vielleicht kennst du ja nicht die richtigen Frauen. zwinkern

Zitat:
Wenn Du aber anderer Ansicht bist, lasse ich mir das von Dir gerne mal zeigen Auf den Arm nehmen


Kommt auf deine Qualitäten an. Auf den Arm nehmen

Zitat:
Finde ich auch - ich bin aber auch ein Mann zwinkern

Ah, jetzt wird mir einiges klar: Du bist eine Maennerversteherin! Sehr glücklich


Eher eine Frau, die nicht katholisch indoktriniert ist.
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Freigeist
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.10.2003
Beiträge: 14

Beitrag(#38545) Verfasst am: 09.10.2003, 20:29    Titel: Re: Störende Sex-Szenen in Stollbergs Inferno? Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Freigeist hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Geschockt Du denkst, die warten anschließend darauf, dass sie geheiratet werden?


Soll bei manchen Frauen vorkommen zwinkern


Aber doch nur bei katholisch indoktrinierten, oder? Mr. Green


Ich habe ja schon immer gewusst, dass ich als Oesterreicher da benachteiligt bin *heul*

Zitat:


Zitat:
Wenn Du aber anderer Ansicht bist, lasse ich mir das von Dir gerne mal zeigen Auf den Arm nehmen


Kommt auf deine Qualitäten an. Auf den Arm nehmen


Ich ueberzeuge Dich gerne Auf den Arm nehmen
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M.S.Salomon
registrierter User



Anmeldungsdatum: 15.09.2003
Beiträge: 389

Beitrag(#38715) Verfasst am: 10.10.2003, 11:14    Titel: Antworten mit Zitat

Freigeist schrieb;

Zitat:
Ich denke mir, dass Autoren, ja Kuenstler ganz allgemein, ihre eigenen Aengste, Traeume, Begierden und Sehnsuechte in ihren Werken widerspiegeln lassen. Bei diesem Buch wuerde es mich nicht im mindesten wundern, wenn M.S. Salomon hier, als Mann, seine psychische Veranlagung in der Person des Jan Stollberg zum Ausdruck gebracht hat.


Hmmm, ganz allgemein gesehen stimmt das natürlich. Die Romanfiguren sind Produkte meiner Phantasie, insofern wird sich in ihnen meine Person widerspiegeln. Dies ist beim Romanhelden besonders der Fall, da dieser - wie bereits gesagt - zentrale Elemente meiner eigenen Philosophie transportiert. Dennoch ist Stollberg nicht gleich Salomon... Das wäre zu einfach...

Zitat:
Warum stellt er also die Vorhoelle der Unkeuschen so explizit pornographisch dar? Weil ihm bzw. uns Maennern das so gefaellt? Dann koennte man ja nicht von "Vorhoelle" sprechen! Ich als Mann denke, dass da mehr dahintersteckt: die meisten Menschen wuerden wohl damit uebereinstimmen, dass der Geschlechtstrieb der Maenner staerker ausgepraegt ist als jener der Frauen (wie gesagt, ich halte Frauen nicht fuer prueder: unter Pruederie verstehe ich, dass man seine eigenen Triebe vor sich und anderen verleugnet). Er wird also von uns als wesentlich machtvoller empfunden. Es ist vermutlich eine Urangst des Mannes, dass sein Geschlechtstrieb, der bisweilen sehr stark sein kann, ihn so ueberwaeltigt, dass er schlicht und ergreifend die Macht ueber sich verliert.

Und genau das geschieht mit Jan Stollberg, der ja, genau genommen, seine Erlebnisse nur fantasiert: seine ureigensten Triebe schalten Vernunft und Verstand, also gerade das, was er als die wesentlichsten Eigenschaften seiner Person sieht, aus und lassen ihn Dinge tun, die er eigentlich gar nicht tun will! Ich meine, wieviele Maenner haetten ernsthaft Lust auf Analverkehr mit grossbusigen Transvestiten?


Gut beobachtet! In der Tat geht es in der Szene nicht nur um die "göttliche Strafe" des Versagens der sexuellen Erfüllung (oder "Erlösung"), sondern auch um den Verlust von Kontrolle.

Biologisch gesehen gibt es natürlich einen Unterschied in den Geschlechtern. Da Männchen viele Samenzellen produzieren, ist ihre maßgebliche Strategie im Kampf um den Fortpflanzungserfolg eine Erhöhung der Quantität des sexuellen Austausches, Frauen hingegen, die nur wenige Eizellen produzieren, achten eher auf die Qualität ihrer Partner und damit zusammenhängend ihrer Nachkommen.

Lange Zeit hat man daher geglaubt, dass Seitensprünge ein typisch männliches Verhaltensmuster bei (scheinbar) monogamen Arten sei. Neuerdings hat man aber festgestellt, dass in der Natur auch Weibchen ein großes Interesse an Seitensprüngen haben. Die erfolgreichste Fortpflanzungsstrategie eines Weibchens scheint zu sein, ein eher unattraktives, aber zuverlässiges Männchen an sich zu binden (zur Aufzucht der Nachkommen), aber hin und wieder mit attraktiven Casanovas zu kopulieren, um so die genetische Ausstattung und auch den Fortpflanzungserfolg ihres Nachwuches (und das heißt auch, ihrer eigenen Gene!) zu erhöhen.

Dies könnte auch der Grund sein, warum etwa 10 Prozent der Kinder bei Homo sapiens biologisch nicht den Mann zum Vater haben, der glaubt, der Vater des Kindes zu sein...

Darüber hinaus muss man natürlich auch sehen, dass es bei bestimmten Arten (beispielsweise bei unseren nächsten Verwandten, den Bonobos (Zwerg-Schimpansen)), ein höchst promiskuitives Sexualverhalten gibt, an dem sich Vertreter beiderlei Geschlechts beteiligen... (Evolutionär wird das damit begründet, dass die Weibchen der Bonobos ihr Interesse an möglichst hoher Spermnienqualität dadurch verfolgen, dass sie in ihrer Vagina einen "Krieg der Spermien" stattfinden lassen. Anders gewendet: Bonobo-Männchen müssen auf ihre sexuellen Konkurrenten nicht eifersüchtig sein, weil sie den Kampf um den Fortpflanzungserfolg ihren Spermien überlassen, die intravaginal einen tödlichen Kampf gegen fremde Spermien führen.)

Dieser seltsame (durchaus pornographisch erscheinende) intravaginale Kampf um den Fortpflanzungserfolg findet auch beim Menschen statt, sofern er sich sexuell promniskuitiv verhält. Monogam sich definierende Individuen setzen hingegen auf extravaginalen Kampf, was sich in Eifersucht und Kontrollzwang äußern kann.

Insofern (und damit komme ich auf das Thema zurück), gibt es gute biologische Argumente dafür, dass Männer vielleicht ein wenig stärker auf Pornographie reagieren als Frauen (Pornographie könnte man ja als Versuch des virtuellen Seitensprungs definieren).

Andererseits können natürlich auch Frauen großes Interesse an Pornographie, Gruppensex etc. entwickeln. Wahrscheinlich könnte dieses Interesse unter bestimmten kulturellen Bedingungen zwischen den Geschlechtern auch gleichgewichtet sein. Im biologischen Potential des Menschen stecken zumindest beide Strategien...

Zitat:
Neben dieser Erklaerung fuer die explizit pornographische Darstellung gibt es natuerlich auch die, dass M.S. Salomon nunmal gerne schockiert, vor allem dann, wenn es um Tabus geht, die von religioeser Heuchelei getragen werden. Und ab und zu ein wenig Provokation ist ja nicht unbedingt schaedlich...


Dies kann ich natürlich nicht verrneinen. Provokation ist vom Wortstamm her ja auch etwas sehr Positives: Natürlich will ich etwas "hervorrufen", nämlich (bezogen auif diese Szene) eine "unverschämtere", freiere Sicht der Sexualität...

Zitat:
Nun zum Geschehen am See: ob Du es glaubst oder nicht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sich insgeheim jeder Mann wuenscht, dass romantische Beziehungen sich auf diese Weise anbahnen wuerden, obwohl sich die meisten wohl bewusst sind, dass das in der Realitaet einfach so nicht funktioniert, eben weil Frauen etwas andere Beduerfnisse haben. Das liegt aber nicht daran, dass Maenner "nur auf das Eine" auswaeren! Im Gegenteil: diese Fantasie ist weniger Folge eines sexuellen Wunsches an sich als eine von Grundaengsten, mit denen Maenner im Gegensatz zu Frauen zu kaempfen haben.

Auch wenn die meisten Maenner es nie zugeben wuerden, aber bevor sie von einer Frau abgelehnt werden, wuerden sich viele vermutlich lieber selbst in den Fuss schiessen! Jaja, von wegen "das starke Geschlecht"! Wenn es darum geht, einer Frau sein romantisches Interesse zu bekunden und sei es nur, sie anzusprechen, und dabei einen Korb zu riskieren, da wird jeder Mann zum Feigling - in starker Korrelation zur Schoenheit der Frau, eben weil dadurch seine sexuellen Triebe mehr Macht ueber ihn gewinnen, wovor Maenner, wie oben beschrieben, ebenfalls Angst haben. Oder wuerdest Du als Frau einem Mann die Initiative bei der Anbahnung von Beziehungen abnehmen wollen? - Eben!

Daraus erklaert sich schon einmal der "Rollentausch" am See im "Paradies", wo ja schliesslich Elli, also die Frau, die Initiative ueber- und ihm damit die Angst vor Ablehnung abnimmt!


Hmmm, natürlich diese Grundängste existieren... Ob sie beim Mann stärker ausgeprägt sind als bei der Frau? Schwer zu entscheiden...
Als "Rollentausch" habe ich die Situation übrigens nicht empfunden. Seltsamerweise habe ich in meinem Leben recht viele Frauen kennengelernt, die keine Scheu hatten, in dieser Hinsicht die Initiative zu übernehmen. Hier ist bestimmt einiges meiner eigenen realen Erfahrungen eingeflossen...

Aber es stimmt natürlich: Elli ist der "schönste Gedanke", den Jan je hatte. In dieser Frau verkörpern sich die Wunschvorstellungen des Romanhelden. Dazu gehört auch, dass sie ihn (trotz seines Versagens in der Vorhölle) annimmt und in sexueller Hinsicht die Initiative ergreift...

Zitat:
Der Grund, warum also Jan Stollberg sich ertraeumt, dass Elli, die ja genaugenommen die Kulmination all der guten Eigenschaften seiner vergangenen Beziehungen ist, praktisch auf der Stelle mit ihm Sex haben will, ist, weil es ihm die Angst nimmt, dass sie ihn tatsaechlich gar nicht begehrt. Solange eine Frau nicht mit einem Mann geschlafen hat, wird er immer die Angst haben, dass sie mit ihm nur spielt, seine Gefuehle niemals erwidern wird, also die Ablehnung wie ein Damoklesschwert ueber der Beziehung haengt!

Ich habe mir ueberlegt, inwiefern man diese beiden Szenen anders schreiben haette koennen, aber ich glaube, dass sie, psychologisch betrachtet, eigentlich sehr gut zu den "letzten Fantasien" eines Mannes passen: die Vorhoelle der Unkeuschen als die Verwirklichung seiner Uraengste vor der Macht seiner eigenen Sexualitaet; das romantische Paradies als ein Ort, an dem ihm alle Aengste vor sexueller Ablehnung durch eine Frau genommen werden. Ist doch schluessig, oder?


Nach dieser Erläuterung ist es zumindest mir schlüssig geworden! Sehr glücklich
Ich muss zugeben, dass ich das so genau noch gar nicht reflektiert hatte. Interessante Perspektive!

Zu den Ängsten in der Vorhölle gehört natürlich auch, dass Jan ja nicht nur sich selbst nicht befriedigen kann, sondern auch die Frauen mit denen er kopuliert (von einer wird er deshalb ja auch brachial weggestoßen...) In der See-Szene hingegen kommt Elli vor Jan, so dass auch diese Angst aufgehoben ist... (Vielleicht beruht seine Scham in der Vorhölle ja zum Teil auch darauf, dass er dort als Einziger einen Orgasmus erleben durfte...)

Zitat:
Dass die Aengste eines Mannes in einem so geschlechtsspezifischen Bereich wie dem Sexualverhalten anders aussehen als bei Frauen, liegt auf der Hand und erklaert, hoffe ich, warum Du, wie ich vermute, mit der Darstellung in diesen Szenen nicht ganz zufrieden sein koenntest. Vielleicht hilft meine Erklaerung als Mann Deinem Verstaendnis? - Waere natuerlich interessant zu erfahren, wie Du als Frau diese Szenen darstellen wuerdest bzw. was Du von meiner Erklaerung haeltst!


Sofern die Antwort auf diese Frage nicht zu persönlich ausfällt, würde mich das auch interessieren. Inwiefern hätte eine Frau die Szenen anders geschrieben?
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Wir müssen uns Sisyphos
als einen glücklichen Menschen vorstellen."
(Albert Camus)
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Heike N.
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop

Beitrag(#38726) Verfasst am: 10.10.2003, 11:33    Titel: Re: Störende Sex-Szenen in Stollbergs Inferno? Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Ich habe ja schon immer gewusst, dass ich als Oesterreicher da benachteiligt bin *heul*


Kam die Sex mit einer Ösiländerin nicht gleich nach dem sexuellen Einfallsreichtum einer schweizer Hausfrau? Lachen

Zitat:
Ich ueberzeuge Dich gerne Auf den Arm nehmen


Ich greife lieber auf permanent Verfügbares zurück.

So, und nun aber wieder zum Thema. zynisches Grinsen
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Freigeist
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Anmeldungsdatum: 09.10.2003
Beiträge: 14

Beitrag(#38798) Verfasst am: 10.10.2003, 13:05    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Freigeist schrieb;
Hmmm, ganz allgemein gesehen stimmt das natürlich. Die Romanfiguren sind Produkte meiner Phantasie, insofern wird sich in ihnen meine Person widerspiegeln. Dies ist beim Romanhelden besonders der Fall, da dieser - wie bereits gesagt - zentrale Elemente meiner eigenen Philosophie transportiert. Dennoch ist Stollberg nicht gleich Salomon... Das wäre zu einfach...


Natuerlich habe ich dabei nicht an eine 1:1-Entsprechung gedacht. Aber es ist wohl kaum zu leugnen, dass Jan mit Michael doch eine Menge gemeinsam hat...

Zitat:

Insofern (und damit komme ich auf das Thema zurück), gibt es gute biologische Argumente dafür, dass Männer vielleicht ein wenig stärker auf Pornographie reagieren als Frauen (Pornographie könnte man ja als Versuch des virtuellen Seitensprungs definieren).


In der Tat meinen die meisten Frauen, die sich mir gegenueber dazu geaeussert haben, dass sie sich von Pornographie einfach kaum angetoernt fuehlen, was ihrer Meinung nach nichts mit moralischen Wertvorstellungen zutun hat. Man vergleiche nur, wie viele Menschen (zumeist Maenner) sich "Miss Universum"-Wahlen ansehen, waehrend "Mr. Universum"-Wahlen kaum Interesse auf sich ziehen, bzw. wenn, dann von Homosexuellen. Vielleicht ist das eben auch der Grund, warum tendenziell eher Frauen die pornographischeren Stellen von "Stollbergs Inferno" nicht so passend empfunden haben.

Zitat:

Andererseits können natürlich auch Frauen großes Interesse an Pornographie, Gruppensex etc. entwickeln. Wahrscheinlich könnte dieses Interesse unter bestimmten kulturellen Bedingungen zwischen den Geschlechtern auch gleichgewichtet sein. Im biologischen Potential des Menschen stecken zumindest beide Strategien...


Es gab schon des oefteren Versuche, Pornographie fuer Frauen als Zielgruppe in den Medien zu etablieren - was praktisch immer misslungen ist, weil die Nachfrage einfach nicht gross genug ist.

Zitat:

Hmmm, natürlich diese Grundängste existieren... Ob sie beim Mann stärker ausgeprägt sind als bei der Frau? Schwer zu entscheiden...


Sexuell bedingte Grundaengste gibt es sicher bei beiden Geschlechtern, aber ich denke schon, dass diese sehr unterschiedlich sind. Z.B. haben Frauen das weitaus staerkere Beduerfnis, als aeusserlich attraktiv, also schoen, empfunden zu werden. Man denke nur an die Kosmetikindustrie, Schlankheitskuren, etc. Der Mann dagegen moechte eher durch seine (sexuelle) Leistungsfaehigkeit, also seine liebhaberischen Faehigkeiten punkten und meint, er waere als Mann nichts wert, wenn er als Versager dasteht.

Man(n) lese nur mal Liebesromane fuer Frauen (ein Milliardenmarkt!): daran kann man gut erkennen, welche Fantasien und Wuensche Frauen wirklich haben. Die "schnelle Nummer" ist dort auch eher die Ausnahme.

Zitat:

Als "Rollentausch" habe ich die Situation übrigens nicht empfunden. Seltsamerweise habe ich in meinem Leben recht viele Frauen kennengelernt, die keine Scheu hatten, in dieser Hinsicht die Initiative zu übernehmen. Hier ist bestimmt einiges meiner eigenen realen Erfahrungen eingeflossen...


Ausnahmen bestaetigen die Regel... zwinkern

Naja, ich koennte nicht gerade sagen, dass bei mir Frauen aehnlich kooperativ waeren - ich bin aber auch weder Jan Stollberg noch M.S. Salomon Verlegen

Zitat:

Zu den Ängsten in der Vorhölle gehört natürlich auch, dass Jan ja nicht nur sich selbst nicht befriedigen kann, sondern auch die Frauen mit denen er kopuliert (von einer wird er deshalb ja auch brachial weggestoßen...) In der See-Szene hingegen kommt Elli vor Jan, so dass auch diese Angst aufgehoben ist... (Vielleicht beruht seine Scham in der Vorhölle ja zum Teil auch darauf, dass er dort als Einziger einen Orgasmus erleben durfte...)


Genau! Die Angst, ein (sexueller) Versager zu sein, als maennliche Qual in der Vorhoelle der Unkeuschen und deren Aufhebung im Paradies. Das passt sehr gut!

Zitat:

Sofern die Antwort auf diese Frage nicht zu persönlich ausfällt, würde mich das auch interessieren. Inwiefern hätte eine Frau die Szenen anders geschrieben?


Ich habe leider noch keine Antwort erhalten (wahrscheinlich aber bald). Waere aber interessant zu wissen, wie die Frauen hier im Forum das sehen!
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M.S.Salomon
registrierter User



Anmeldungsdatum: 15.09.2003
Beiträge: 389

Beitrag(#43076) Verfasst am: 22.10.2003, 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

Freigeist schrieb:
Zitat:
Natuerlich habe ich dabei nicht an eine 1:1-Entsprechung gedacht. Aber es ist wohl kaum zu leugnen, dass Jan mit Michael doch eine Menge gemeinsam hat...


Das will und kann ich natürlich nicht leugnen! zwinkern

Zitat:
Naja, ich koennte nicht gerade sagen, dass bei mir Frauen aehnlich kooperativ waeren - ich bin aber auch weder Jan Stollberg noch M.S. Salomon


Nur damit hier keine falschen Assoziationen aufkommen: Ich bin ganz sicherlich kein "womanizer"... Lachen
Vielleicht sind die Geschlechter-Verhältnisse in Österreich doch noch anders als in Deutschland...

Ein anderes Thema:
Nocquae hatte in einem anderen Thread über Stollbergs Inferno geschrieben:

Zitat:
dazu möchte ich noch die Anekdote eines Freundes (ich hatte ihm das Buch kürzlich ausgeliehen und er meinte, dass er es - was ihm sonst nie passiert - ohne Pause an einem Stück durchgelesen hat) hinzufügen, der anlässlich eines Spanien-Urlaubs sich auch kurz Lourdes angeschaut hat ...
Er sagte, dass Lourdes HAARGENAU so wäre, wie der erste Ring der Hölle in diesem Buch beschrieben wird ...


Das ist insofern nicht verwunderlich, als dass Lourdes Pate stand, als ich das Kapitel schrieb. Lachen
Das zweite Vorbild für die Szene war übrigens das "saarländische Lourdes", insbesondere die völlig absurden Umstände der Marienerscheinungen in Marpingen. Hab damals für die MIZ eine Reportage über den Wahnsinn gemacht, sozusagen "MSS in Gefahr" Lachen
Wer sich dafür interessiert, der Bericht findet sich unter dem folgenden Link: http://www.schmidt-salomon.de/marpingen.htm

Übrigens waren die Erlebnisse in Marpingen der Auslöser dafür, dass ich die schon lange in mir keimende Idee von "Stollbergs Inferno" endlich zu Papier brachte... "Gottes Wege" sind in der Tat unergründlich... Lachen
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Spock
lebt noch



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 4185
Wohnort: Herbipolis

Beitrag(#43349) Verfasst am: 23.10.2003, 11:33    Titel: Antworten mit Zitat

Hab mir das Buch gestern bei Amazon bestellt. Es war das letzte, das sie noch auf Lager hatten Mr. Green
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Don Quixote
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Anmeldungsdatum: 21.10.2003
Beiträge: 9

Beitrag(#43358) Verfasst am: 23.10.2003, 11:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

ich finde es wunderbar, dass es mit Hilfe dieses Forums möglich ist, mit dem Autor und anderen Lesern des Romans zu diskutieren.
Obwohl ich wohl einer völlig anderen Generation entstamme als die meisten Nutzer dieses Forums (Baujahr 1940), ging es mir bei der Lektüre des Romans ähnlich wie den ganz jungen Lesern hier im Forum. Ich war von dem Roman begeistert und habe ihn an nur einem Tag gelesen.
Die Kulturindustrie spricht ja gerne von Meisterwerken, um ihre Produkte zu vermarkten. Das Etikett wird häufig zu Unrecht gegeben, auf Stollbergs Inferno trifft es aber zu! Der Roman ist spannender als vergleichbare philosophische Romane und zugleich tiefgründiger. Sogenannte Kulturkritiker werden vielleicht die Nase rümpfen, weil der Roman so leicht verständlich ist... In Deutschland liebt man halt das "Dunkle", Unverständliche. Meines Erachtens liegt aber gerade darin die Stärke des Buchs, es ist ein leicht wirkender, aber wahrscheinlich doch schwer zu machender Mix von Philosophie & Pop, Comic & Hochliteratur...
Ich kann dem Autor nur zu seinem Werk gratulieren...
Das Einzige, was mich ein wenig enttäuschte, war die Tatsache, dass Günter Anders in dem Roman nicht vorkam! Er hätte es doch verdient gehabt, die antiquierten Menschen in den Kampf gegen den noch antiquierteren Gott zu führen, oder?
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Freigeist
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Anmeldungsdatum: 09.10.2003
Beiträge: 14

Beitrag(#43721) Verfasst am: 24.10.2003, 13:13    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Das ist insofern nicht verwunderlich, als dass Lourdes Pate stand, als ich das Kapitel schrieb. Lachen


Witzig, meine schon erwaehnte Mailfreundin, die von den eher pornographischen Stellen nicht so begeistert war, ist soeben von einer Frankreichreise zurueckgekehrt und hat dort beim Vorbeifahren auch Lourdes besucht. Jetzt wundert es mich nicht, dass sie schrieb, dass dieser Ort genauso schlimm ist wie die entsprechende Vorhoelle in "Stollbergs Inferno"... Lachen

Im uebrigen hat sie nun auf meine Fragen hin auch konkretisiert, warum sie die erwaehnten Kapitel nicht gelungen fand. Fuer sie ist es hauptsaechlich der Schreibstil bzw. die Wortwahl, die sie als unpassend empfand. Ich zitiere ihre Antwort:

Zitat:
Was mich wirklich total stört, sind Formulierungen wie "Jan stieß sein Glied hart in ihre Ritze." (S. 79 unten). Diesen Satz finde ich wirklich unter aller Kanone. Kann man das nicht anders beschreiben? Ich kann nicht ein Buch mit einem philosophischen Anspruch schreiben und mich zwischendurch auf das sprachliche Niveau von einem Pornoheft begeben. Gleiches gilt für "Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er sich entlud." (S. 81) und für einige Sätze auf S. 112f, die ich jetzt nicht wörtlich zu zitieren brauche. Es handelt sich hier ja nicht um ein Aufklärungsbuch für Jugendliche, sondern um ein Buch für Erwachsene, die eine derartige Aufklärung nicht nötig haben. Ich gebe allerdings zu, daß eine Darstellung ohne solche von mir beanstandeten Sätze schriftstellerisch wahrscheinlich etwas schwieriger ist als die drastische Detailbeschreibung. Und besonders herausragende schriftstellerische Qualitäten hat M.S. Salomon nicht. Er ist an sich halt Philosoph und kein Schriftsteller.


Nun, auch wenn es vielleicht etwaige narzistische Charakterzuege, vor denen wohl kaum ein Mensch ganz gefeit ist, verletzen koennte, aber so unrecht, finde ich, hat sie mit ihrer Kritik nicht. Mir (wie auch ihr) hat das Buch inhaltlich durchaus sehr gefallen, sowohl was die philosophischen Beziehungen betrifft als auch den Aufbau und die Handlung. Aber sprachlich hebt es sich nicht gerade von der Masse ab.

Ich bin ja selber kein Schriftsteller, darum ist mein Rat vermutlich so, als ob ein Blinder den Einaeugigen fuehren wollte. Aber wenn ich ein Buch schreiben wuerde, faenden sich darin bestimmt mehr Sprachbilder und Analogien, mit denen sich insbesondere delikate Szenen elegant darstellen liessen. Nur so als Anregung... zwinkern
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Heike N.
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop

Beitrag(#43748) Verfasst am: 24.10.2003, 14:13    Titel: Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Aber wenn ich ein Buch schreiben wuerde, faenden sich darin bestimmt mehr Sprachbilder und Analogien, mit denen sich insbesondere delikate Szenen elegant darstellen liessen. Nur so als Anregung... zwinkern


Aber warum eigentlich nicht die Dinge beim Namen nennen, auch umgangssprachlich (vorausgesetzt, es ist keine medizinische Abhandlung)? Diese Sprachbilder und Analogien, von denen du sprichst erinnern mich immer an Umschreibungen, Marke "Liebe, Leidenschaft und ein feuriger Pirat"-Trivialliteratur: "Er tauchte mit seinem Liebesspeer ein in ihre feuchte Grotte" ( Gröhl... ). Da könnte ich mich jedesmal wegschmeißen vor Lachen (Angelique-Bücher habe ich mit ca. 14 verschlungen).

Witzigerweise wird sich nur über eine deutliche Sprache mokiert, wenn es um Sexualität geht. Hierüber regt sich keiner auf:

Stollbergs Inferno hat folgendes geschrieben:
Kleine weiße Maden tummelten sich auf dem Teller. Sie schwammen in einer dickflüssigen, grünlich-braunen Substanz, die von Schimmel durchsetzt war. Jan würgte. Er konnte es nicht zurückhalten. Sein Magen rebellierte. Er kotzte, bis nur noch Galle kam

[...]

Wie gelähmt beobachtete er, wie sein Tischnachbar Maden, Schimmel und Erbrochenes genüsslich in sich hineinschaufelte.


Und das ist mal wirklich ekelhaft (Mist, ich wollte am Wochenende Geflügel machen und Michael hats mir mal wieder versaut. Motzen Mr. Green).

Was aber soll an einer deutlich beschriebenen sexuellen Handlung negativ sein? Weil sie rein auf den Orgasmus ausgerichtet ist und wir diese mystische Verbindung "Liebe und Sexualität" nicht aus den Köpfen kriegen? Am Kopf kratzen
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Anmeldungsdatum: 09.10.2003
Beiträge: 14

Beitrag(#43827) Verfasst am: 24.10.2003, 16:24    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Aber warum eigentlich nicht die Dinge beim Namen nennen, auch umgangssprachlich (vorausgesetzt, es ist keine medizinische Abhandlung)?


Nichts dagegen - aber redest Du in der Umgangssprache wirklich so wie im Buch? Ich gehe mal davon aus, dass Du es nicht wahnsinnig aufregend oder gar erregend, auf jeden Fall aber nicht sonderlich originell finden wuerdest, wenn Dein Partner zu Dir sagte: "Ich stecke Dir jetzt meinen Schwanz in die Ritze!"... Geschockt

Ok, Ihr vergnuegt Euch sicher nicht wie in der Vorhoelle der Unkeuschen (vermute ich mal zwinkern), aber man kann explizite oder drastische Schilderungen gewiss auch auf sprachlich hoeherem Niveau erzielen. Zugegeben, das ist schwieriger - aber solchen Anspruechen muss nun mal ein Romanautor auch gerecht werden.

Zitat:
Diese Sprachbilder und Analogien, von denen du sprichst erinnern mich immer an Umschreibungen, Marke "Liebe, Leidenschaft und ein feuriger Pirat"-Trivialliteratur: "Er tauchte mit seinem Liebesspeer ein in ihre feuchte Grotte" ( Gröhl... ). Da könnte ich mich jedesmal wegschmeißen vor Lachen (Angelique-Bücher habe ich mit ca. 14 verschlungen).


Also diese Art von Buechern habe ich mir erspart zwinkern

Und ich denke nicht im mindesten an laecherliche oder verniedlichende Darstellungen! Sprachbilder koennen durchaus auch schockierender sein als eine unmittelbare Beschreibung der Wirklichkeit.

Zitat:
Witzigerweise wird sich nur über eine deutliche Sprache mokiert, wenn es um Sexualität geht. Hierüber regt sich keiner auf:

Stollbergs Inferno hat folgendes geschrieben:
Kleine weiße Maden tummelten sich auf dem Teller. Sie schwammen in einer dickflüssigen, grünlich-braunen Substanz, die von Schimmel durchsetzt war. Jan würgte. Er konnte es nicht zurückhalten. Sein Magen rebellierte. Er kotzte, bis nur noch Galle kam

[...]

Wie gelähmt beobachtete er, wie sein Tischnachbar Maden, Schimmel und Erbrochenes genüsslich in sich hineinschaufelte.



Hiermit erklaere ich offiziell, dass fuer mich auch diese Textstelle kein Meisterwerk sprachlicher Ausdruckskunst ist Sehr glücklich

Zitat:
Was aber soll an einer deutlich beschriebenen sexuellen Handlung negativ sein?

Weil sie rein auf den Orgasmus ausgerichtet ist und wir diese mystische Verbindung "Liebe und Sexualität" nicht aus den Köpfen kriegen? Am Kopf kratzen


Diesbezueglich habe ich die Kritik meiner Mailfreundin urspruenglich auch missverstanden. Es geht nicht um die explizite Darstellung sexueller Handlungen sondern um die sprachliche Einkleidung. Wenn ich ein billiges Pornoheft kaufe, bekomme ich in bezug auf Wortwahl ("Schwanz", "Ritze", "kotzen"), grammatikalische Konstruktionen (simple Hauptsaetze - s.h. Dein Buchzitat, das sich nicht auf Sexualitaet bezieht) und Originalitaet in der Beschreibung qualitativ Gleichwertiges. Auf Pornoheftniveau schreiben kann praktisch jeder - das ist (eben) keine Kunst. Literatur ist aber nun mal eine Kunstform und muss daher anderen Anspruechen gerecht werden.

Um den Verdacht der Pruederie zu vermeiden, hier ein Vergleich zu einer anderen Kunstform: vor ein paar Jahren hat der (u.a. wegen Paedophilie verurteilte) Kuenstler und Sektengruender Otto Muehl ein Bild in der Wiener Sezession ausgestellt, auf dem Mutter Theresa, Joerg Haider, der Papst u.a. hoechst explizit beim Gruppensex abgebildet wurden. Die Frage, ob es sich dabei um Kunst handelt, haengt meiner Meinung nach nicht davon ab, ob es provokant, obszoen o.ae. ist, sondern ob es von Kunstfertigkeit zeugt: haette er Strichmaennchen dargestellt, wuerde es diesem Anspruch wohl nicht gerecht.

Fuer mich steht allgemein bei der Beurteilung von Romanen der Handlungsaspekt sehr stark im Vordergrund, weswegen ich anfangs die Stilkritik auch nicht richtig wahrgenommen habe. Aber ich habe mich ueberzeugen lassen, dass sie gerechtfertigt ist: die groesste Schwaeche des Buches ist sicher der sprachliche Stil. Um nicht missverstanden zu werden: er ist fuer mich grossteils ok - aber nicht mehr. Bei den expliziten Stellen, insbesondere den Sexszenen, laesst er aber doch zu wuenschen uebrig. Ich nehme an, Michael wollte provozieren, haette dies aber mit etwas mehr Originalitaet im Ausdruck genauso gut koennen.
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Heike N.
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Beitrag(#43830) Verfasst am: 24.10.2003, 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Aber warum eigentlich nicht die Dinge beim Namen nennen, auch umgangssprachlich (vorausgesetzt, es ist keine medizinische Abhandlung)?


Nichts dagegen - aber redest Du in der Umgangssprache wirklich so wie im Buch? Ich gehe mal davon aus, dass Du es nicht wahnsinnig aufregend oder gar erregend, auf jeden Fall aber nicht sonderlich originell finden wuerdest, wenn Dein Partner zu Dir sagte: "Ich stecke Dir jetzt meinen Schwanz in die Ritze!"... Geschockt


Abgesehen davon, dass "dirty talking" zwar Geschmacksache ist, aber durchaus reizvoll sein kann:

Stollberg hat das nicht gesagt, wenn mich nicht alles täuscht, sondern hier wurde eine Szene beschrieben. Das ist ein Unterschied.

Zitat:
Und ich denke nicht im mindesten an laecherliche oder verniedlichende Darstellungen! Sprachbilder koennen durchaus auch schockierender sein als eine unmittelbare Beschreibung der Wirklichkeit.


Wie hättest du denn eine solche Szenen beschrieben, um eine entsprechend drastische Wirkung zu erzielen?

Zitat:
Literatur ist aber nun mal eine Kunstform und muss daher anderen Anspruechen gerecht werden.


Provokation kann auch ein gewollter Teil eines Kunstwerkes sein. Die bizzaren Darstellungen von Hieronymus Bosch bestehen zu einem nicht unerheblichen Teil aus Provokation.
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Beitrag(#43945) Verfasst am: 24.10.2003, 19:51    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Abgesehen davon, dass "dirty talking" zwar Geschmacksache ist, aber durchaus reizvoll sein kann:


Klar, manchmal schon, das moechte ich gar nicht bestreiten. Die Frage ist, ob es sich in einem Werk mit philosophischem Anspruch gut macht. Das schlaegt sich halt doch ein wenig.

Zitat:
Stollberg hat das nicht gesagt, wenn mich nicht alles täuscht, sondern hier wurde eine Szene beschrieben. Das ist ein Unterschied.


Stilistisch betrachtet, macht das fuer mich wenig Unterschied.

Zitat:
Wie hättest du denn eine solche Szenen beschrieben, um eine entsprechend drastische Wirkung zu erzielen?


Oh je, erwischt Verlegen

Dazu faellt mir nur Folgendes ein: Was ist der Unterschied zwischen einem Kritiker und einem Eunuchen? - Es gibt keinen. Beide wissen genau, wie man es machen muss, koennen es aber nicht. zwinkern

Spass beiseite: man koennte jetzt dazu uebergehen, jedwede Kritik zu unterlassen, da wir, wie schon Leibniz dereinst einleuchtend zeigte, in der besten aller Welten leben - oder vielleicht doch auf noch besseres hoffen. Ich tendiere zu letzterem...

Zitat:
Zitat:
Literatur ist aber nun mal eine Kunstform und muss daher anderen Anspruechen gerecht werden.


Provokation kann auch ein gewollter Teil eines Kunstwerkes sein. Die bizzaren Darstellungen von Hieronymus Bosch bestehen zu einem nicht unerheblichen Teil aus Provokation.


Ja, aber seine Darstellungen sind stilistisch brilliant. Das ist ja genau der Punkt auf den ich hinaus will: man kann provokant UND stilvoll sein. Natuerlich kann nicht jeder ein Hieronymus Busch werden. Aber etwas konstruktive Kritik soll durchaus die Motivation dazu steigern zwinkern
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Heike N.
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Beitrag(#43951) Verfasst am: 24.10.2003, 20:09    Titel: Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Abgesehen davon, dass "dirty talking" zwar Geschmacksache ist, aber durchaus reizvoll sein kann:


Klar, manchmal schon, das moechte ich gar nicht bestreiten. Die Frage ist, ob es sich in einem Werk mit philosophischem Anspruch gut macht. Das schlaegt sich halt doch ein wenig.


Populärwissenschaft, gut gemacht, kann das Interesse an Wissenschaften bei Menschen wecken, die normalerweise einen großen Bogen drum machen würden.

Warum soll es also nicht auch legitim sein, auf diese Art und Weise Philosophie Menschen nahezubringen, die sich normalerweise bei der Erwähnung dieses Wortes eine Knoblauchkette um den Hals hängen? zwinkern

Zitat:
Zitat:
Stollberg hat das nicht gesagt, wenn mich nicht alles täuscht, sondern hier wurde eine Szene beschrieben. Das ist ein Unterschied.


Stilistisch betrachtet, macht das fuer mich wenig Unterschied.


Darum ging es dir aber nicht:

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Ich gehe mal davon aus, dass Du es nicht wahnsinnig aufregend oder gar erregend, auf jeden Fall aber nicht sonderlich originell finden wuerdest, wenn Dein Partner zu Dir sagte: "Ich stecke Dir jetzt meinen Schwanz in die Ritze!"


Zitat:
Zitat:
Wie hättest du denn eine solche Szenen beschrieben, um eine entsprechend drastische Wirkung zu erzielen?


Oh je, erwischt Verlegen

Dazu faellt mir nur Folgendes ein: Was ist der Unterschied zwischen einem Kritiker und einem Eunuchen? - Es gibt keinen. Beide wissen genau, wie man es machen muss, koennen es aber nicht. zwinkern


Lachen Den merke ich mir.

Zitat:
Spass beiseite: man koennte jetzt dazu uebergehen, jedwede Kritik zu unterlassen, da wir, wie schon Leibniz dereinst einleuchtend zeigte, in der besten aller Welten leben - oder vielleicht doch auf noch besseres hoffen. Ich tendiere zu letzterem...


Nein nein, das ist schon OK. Ich will dich auch nicht davon überzeugen, dass sich Michael Literaturpreis verdächtig verewigt hat. Es ist wirklich Geschmacksache. Und über den lässt sich bekanntlich nicht streiten. Möglicherweise gibt es auch Unterschiede in der Priorität, nach der man ein Buch liest.

Ich habe heute "Stollbergs Inferno" noch einmal angefangen und habe festgestellt, dass die Art und Weise, wie Michael schreibt, mich dahin bringt, dass ich mir Szenarien und Orte bildlich vorstellen kann. Das ist für mich das Hauptanliegen, wenn ich einen Roman lese. Das mag trivial klingen, ist es aber nur scheinbar, wenn die Inhalte, die vermittelt werden, interessante Informationen bieten.

Zitat:
Zitat:
Provokation kann auch ein gewollter Teil eines Kunstwerkes sein. Die bizzaren Darstellungen von Hieronymus Bosch bestehen zu einem nicht unerheblichen Teil aus Provokation.


Ja, aber seine Darstellungen sind stilistisch brilliant. Das ist ja genau der Punkt auf den ich hinaus will: man kann provokant UND stilvoll sein. Natuerlich kann nicht jeder ein Hieronymus Busch werden. Aber etwas konstruktive Kritik soll durchaus die Motivation dazu steigern zwinkern


Auch das ist wiederum Ansichtssache.

Ich kann mit Darstellungen nichts anfangen, die mir einen schwarzen Strich auf weißer Leinwand mit rotem Punkt zeigen. Das sagt aber nichts über das Werk an sich aus, sondern spiegelt nur meine eigene Meinung (und Vorlieben) wieder.
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lemonstar
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Beitrag(#43961) Verfasst am: 24.10.2003, 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:

Er ist an sich halt Philosoph und kein Schriftsteller.

Der M.S. Salomon an sich :)

Zitat:
aber man kann explizite oder drastische Schilderungen gewiss auch auf sprachlich hoeherem Niveau erzielen. Zugegeben, das ist schwieriger - aber solchen Anspruechen muss nun mal ein Romanautor auch gerecht werden.

Ich meine, dass er jene Szenen durchaus absichtlich so direkt, unverblümt geschildert hat, vor allem deswegen, da solche drastischen Formulierungen besonders schockieren. Bekanntermassen verfügt er ja auch über die Fähigkeiten "kompliziert" zu formulieren. Außerdem richtet, wie Heike schon erwähnte, sich der Ausdruck stark nach der Zielgruppe.
Statt der bildhaften Darstellung etwas wie "dann nahm er sie, doch die vollkommene Verschmelzung wurde ihnen nicht zuteil" zu verwenden, vermittelte mE die Intentionen (Versagensängste etc. s.o.) nicht annähernd so gut.

Meine Idee, die Darstellung zu entschärfen/verbessern, wäre , dass sobald Stollberg zu den kopulierenden Menschen kommt, ein Zeitsprung/Blende stattfindet und mit einer detaillierten Darstellung seiner Verzweiflung, seines Wahnes, nachdem sämtliche Befriedigungsversuche misslungen sind, fortgesetzt wird (kurz bevor Elli ihn findet).

Für wahrhaft schockierende Sprachbilder sähe ich gern ein paar Beispiele, sonst sehe ich weiterhin die explizite Darstellung als geeigneter an :)
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Beitrag(#43963) Verfasst am: 24.10.2003, 20:45    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Populärwissenschaft, gut gemacht, kann das Interesse an Wissenschaften bei Menschen wecken, die normalerweise einen großen Bogen drum machen würden.

Eben: man muss den richtigen Stil dazu finden.

Zitat:
Warum soll es also nicht auch legitim sein, auf diese Art und Weise Philosophie Menschen nahezubringen, die sich normalerweise bei der Erwähnung dieses Wortes eine Knoblauchkette um den Hals hängen? zwinkern


Naja, ich vermute eher, dass das Buch bewirken wird, dass sich Philosophen und andere Freigeister mehr fuer "schmutzigen" Sex interessieren werden Lachen

Zitat:
Ich habe heute "Stollbergs Inferno" noch einmal angefangen und habe festgestellt, dass die Art und Weise, wie Michael schreibt, mich dahin bringt, dass ich mir Szenarien und Orte bildlich vorstellen kann. Das ist für mich das Hauptanliegen, wenn ich einen Roman lese. Das mag trivial klingen, ist es aber nur scheinbar, wenn die Inhalte, die vermittelt werden, interessante Informationen bieten.


Da gebe ich Dir recht: das Buch ist absolut verstaendlich geschrieben. Auch finde ich den strukturellen Aufbau ganz gut, die Handlung, wie erwaehnt, sowieso. Auf der untersten Ebene des sprachlichen Ausdrucks koennte man aber gewiss noch einiges verfeinern.
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Heike N.
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Beitrag(#43967) Verfasst am: 24.10.2003, 20:50    Titel: Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Populärwissenschaft, gut gemacht, kann das Interesse an Wissenschaften bei Menschen wecken, die normalerweise einen großen Bogen drum machen würden.

Eben: man muss den richtigen Stil dazu finden.


Ich meinte "- gut gemacht -" nicht im Hinblick auf einen richtigen Stil sondern auf die Vermeidung von pseudowissenschaftlichen Aussagen.

Zitat:
Zitat:
Warum soll es also nicht auch legitim sein, auf diese Art und Weise Philosophie Menschen nahezubringen, die sich normalerweise bei der Erwähnung dieses Wortes eine Knoblauchkette um den Hals hängen? zwinkern


Naja, ich vermute eher, dass das Buch bewirken wird, dass sich Philosophen und andere Freigeister mehr fuer "schmutzigen" Sex interessieren werden Lachen


Sex kann niemals schmutzig sein. Aber ich gehe davon aus, dass ich die Anführungsstriche richtig gedeutet habe. zwinkern

Zitat:
Zitat:
Ich habe heute "Stollbergs Inferno" noch einmal angefangen und habe festgestellt, dass die Art und Weise, wie Michael schreibt, mich dahin bringt, dass ich mir Szenarien und Orte bildlich vorstellen kann. Das ist für mich das Hauptanliegen, wenn ich einen Roman lese. Das mag trivial klingen, ist es aber nur scheinbar, wenn die Inhalte, die vermittelt werden, interessante Informationen bieten.


Da gebe ich Dir recht: das Buch ist absolut verstaendlich geschrieben. Auch finde ich den strukturellen Aufbau ganz gut, die Handlung, wie erwaehnt, sowieso. Auf der untersten Ebene des sprachlichen Ausdrucks koennte man aber gewiss noch einiges verfeinern.


Gibs zu: du hast die Anführungsstriche nicht ernst gemeint. Lachen
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Heike N.
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Beitrag(#43969) Verfasst am: 24.10.2003, 20:57    Titel: Antworten mit Zitat

lemonstar hat folgendes geschrieben:
Statt der bildhaften Darstellung etwas wie "dann nahm er sie, doch die vollkommene Verschmelzung wurde ihnen nicht zuteil" zu verwenden, vermittelte mE die Intentionen (Versagensängste etc. s.o.) nicht annähernd so gut.


Genau das ist es. Stollbergs verzweifelte Kopulationsversuche, wie er hastet von einem zum anderen, eben auch diese wirklich reduzierte Sprache (weil es letztendlich immer mehr um die Reduktion geht), weil die Erregung ihn übermannt und er mit nichts anderem mehr denken kann als mit dem Kleinhirn, ist bestens ausgedrückt. Ups... oder wollte Michael etwas in der Art ausdrücken, dass das männliche Gehirn in tiefere Sphären rutscht? Am Kopf kratzen

Hach, es gibt nichts schöneres als Textinterpretationen. Lachen

Kafka zu interpretieren ist ja nett, der kann sich nicht mehr wehren. Doch Schmidt-Salomon kann sich noch selber zu den Interpretationsversuchen äußern. Und es ist immer interessant zu erfahren, wie viel von der Persönlichkeit des Autors in den Helden geflossen ist. zynisches Grinsen
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Beitrag(#43985) Verfasst am: 24.10.2003, 21:42    Titel: Antworten mit Zitat

lemonstar hat folgendes geschrieben:
Ich meine, dass er jene Szenen durchaus absichtlich so direkt, unverblümt geschildert hat, vor allem deswegen, da solche drastischen Formulierungen besonders schockieren.


Das glaube ich auch. Mich hat es eigentlich nicht schockiert - aber ich bin ja auch nicht unbedingt das Ziel seiner Provokation zwinkern

Zitat:
Bekanntermassen verfügt er ja auch über die Fähigkeiten "kompliziert" zu formulieren.


Das bezweifle ich absolut nicht. Aber "kompliziert" ist nicht notwendigerweise "stilsicher". Ich bin ueberzeugt davon, dass Michael weiss, welche Ausdrucksformen in seinen akademischen Zirkeln passend sind. Ob er mit dem Oeffnen der untersten sprachlichen (!) Schublade, auch wenn es sicherlich absichtlich geschehen ist, einen guten Griff getan hat, da bin ich mir aber nicht so sicher.

Zitat:
Außerdem richtet, wie Heike schon erwähnte, sich der Ausdruck stark nach der Zielgruppe.


Hm, wer ist denn die Zielgruppe? Waere interessant, von Michael zu erfahren, wen er denn damit wirklich ansprechen wollte! Ich nehme an, dass es sich dabei nicht um uns handelt, denn das entspraeche wohl eher freigeistiger Masturbation... zwinkern

Zitat:
Statt der bildhaften Darstellung etwas wie "dann nahm er sie, doch die vollkommene Verschmelzung wurde ihnen nicht zuteil" zu verwenden, vermittelte mE die Intentionen (Versagensängste etc. s.o.) nicht annähernd so gut.


Das meinte ich damit ueberhaupt nicht. Ich kenne auch noch perversere Sexszenen in der Literatur, wenngleich solche sehr selten vorkommen, da die meisten Autoren darum einen grossen Bogen machen. Leider habe ich im Moment kein entsprechendes Buch zur Hand, um einen Stilvergleich durchzufuehren. Ich erinnere ich mich, dass z.B. Eric van Lusterbader in seinem Buch "The Ninja" einige extrem perverse Szenen beschreibt (Paedophilie, Inzest) und glaube, auch wenn ich das jetzt nicht ueberpruefen kann, dass diese etwas stilsicherer gehandhabt wurden. Wie ja schon ein anderer Kritiker geschrieben hat, ist es nicht unbedingt eine gute Idee, sich in einem Erstlingsroman gleich ueber so delikate Themen wie provokante Sexszenen herzumachen. Der Roman haette darunter sicher kaum gelitten, wenn diese gefehlt haetten bzw. weniger explizit ausgedrueckt worden waeren.

Zitat:
Für wahrhaft schockierende Sprachbilder sähe ich gern ein paar Beispiele, sonst sehe ich weiterhin die explizite Darstellung als geeigneter an Smilie


Ok, ich uebertreibe es mal:

Mit der Gewalt eines Presslufthammers durchpfluegte er sie, als sie sich wie eine kochende Vulkanspalte vor ihm oeffnete.

Scharf und bildhaft genug? zynisches Grinsen
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Heike N.
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Beitrag(#43993) Verfasst am: 24.10.2003, 23:03    Titel: Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Ok, ich uebertreibe es mal:

Mit der Gewalt eines Presslufthammers durchpfluegte er sie, als sie sich wie eine kochende Vulkanspalte vor ihm oeffnete.

Scharf und bildhaft genug? zynisches Grinsen


Gröhl... Gröhl... Gröhl...

Entschuldige bitte mein Gelächter *prust*

Aber wenn du "Schwanz" und "Ritze" für deplaziert hälst, weil es vielleicht nicht besonders prickelnd ist, wenn mein Partner mir gegenüber so etwas äußert. Aber: "Presslufthammer" erscheint mir sowas von daneben, "Schwanz" ist da geradezu liebevoll ausgedrückt (mein Mann würde sowas von doof gucken, wenn ich seinen Schwanz als Presslufthammer bezeichnen würde). Und "Vulkanspalte" erinnert mich schon wieder an "Liebesgrotte". Wo ist der Unterschied zur Ritze (ok, die scheint schmaler). zynisches Grinsen

Gut, du hast Mut bewiesen und deiner Version gepostet. Dabei bist du selber deinem Vergleich von Kritiker und Eunuch untreu geworden. Finde ich aber auch gar nicht schlimm, weil es sehr deutlich zeigt, welche unterschiedlichen Vorstellungen man hat (und die eigenen sexuellen Fantasien sind sehr individuell).

Er fasste sie bei den Hüften und stieß in sie. Wieder und wieder. Ihr herausfordernder Gesichtsausdruck, ihr höhnisches und wissendes Lächeln und die bereitwillig geöffneten Schenkel ließen ihn schier wahnsinnig werden. Und das, nach was er sich sehnte, aus früherer Zeit in nur allzu deutlicher Erinnerung, die Erlösung, stellte sich nicht ein. Er ließ ab von ihr und blickte sich wie in Rage um. Den nächsten, sich ihm aufreizend präsentierenden Menschen packte er und drang in ihn ein. Mann oder Frau? Er wusste es nicht, es war ihm egal. Allein wichtig war ihm nun seine Befriedigung geworden. Mensch um Mensch, Frau und Mann, griff er und nahm ihn, wahnsinnig vor Lust, unfähig, Befriedigung zu erlangen. Schließlich hielt er erschöpft inne und spürte eine Berührung an seinem Arm. Er drehte den Kopf, schweißüberströmt, und erblickte Elli.

Wäre vielleicht meine Version gewesen. Mr. Green
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Beitrag(#44044) Verfasst am: 25.10.2003, 09:27    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Freigeist hat folgendes geschrieben:
Naja, ich vermute eher, dass das Buch bewirken wird, dass sich Philosophen und andere Freigeister mehr fuer "schmutzigen" Sex interessieren werden Lachen


Sex kann niemals schmutzig sein. Aber ich gehe davon aus, dass ich die Anführungsstriche richtig gedeutet habe. zwinkern


Naja, kommt auf die Definition von "schmutzig" an. Das kann von "unhygienisch" bis "kriminell" verlaufen. Aber meistens wird der Begriff wohl als Verweis auf (zumeist religioes bedingte) Tabus benutzt. Im letzteren Kontext habe ich den Begriff verwendet und (nona) natuerlich absichtlich unter Anfuehrungsstriche gestellt.

Es ist uebrigens interessant, wie es kirchlichen Institutionen erfolgreich in der Oeffentlichkeit gelingt, durch ihre eigenen Missbrauchsfaelle einen Bezug zwischen Suende und Sex aufrechtzuerhalten. So werden z.B. von der Kirche anfangs, wenn auch zoegerlich, Beratungsstellen fuer "sexuellen Missbrauch" eingerichtet, um einerseits der Oeffentlichkeit vorzutaeuschen, dass sie die Sache ernst nehmen, andererseits aber, um zu Vertuschen, dass es auch andere Formen des Missbrauchs durch Kirchenvertreter gibt. Immerhin stehen koerperliche Zuechtigung und erniedrigende Strafen, also physischer und psychischer Missbrauch, in etlichen kirchlichen Betreuungseinrichtungen an der Tagesordnung. Durch die Konzentration auf sexuelle Missbrauchsformen entsteht aber nur die Begriffsverbindung von Sex und Schuld. Als ob es schlimmer waere, von einem Priester "unsittlich" beruehrt zu werden, als von einer Nonne eine in die Fresse zu bekommen.
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Heike N.
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Beitrag(#44054) Verfasst am: 25.10.2003, 10:31    Titel: Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Sex kann niemals schmutzig sein. Aber ich gehe davon aus, dass ich die Anführungsstriche richtig gedeutet habe. zwinkern


Naja, kommt auf die Definition von "schmutzig" an. Das kann von "unhygienisch" bis "kriminell" verlaufen. Aber meistens wird der Begriff wohl als Verweis auf (zumeist religioes bedingte) Tabus benutzt. Im letzteren Kontext habe ich den Begriff verwendet und (nona) natuerlich absichtlich unter Anfuehrungsstriche gestellt.


Das, was du als "kriminell" ansiehst (Missbrauch, Vergewaltigung etc.) bezeichne ich nicht als Sexualität. Hier wird Sexualität lediglich instrumentalisiert, um einen Machtmissbrauch durchzuführen. Und "unhygienischer Sex" ist auch wieder Ansichtssache (da gibts ja eine Menge extreme Vorlieben). Um den Bogen wieder zu kriegen: sicherlich wird sich Jan Stollberg in der Vorhölle der Unkeuschen nicht jedesmal ein neues Kondom übergezogen haben. Musste aber auch nicht sein, er war ja eh schon tot.

Zitat:
Es ist uebrigens interessant, wie es kirchlichen Institutionen erfolgreich in der Oeffentlichkeit gelingt, durch ihre eigenen Missbrauchsfaelle einen Bezug zwischen Suende und Sex aufrechtzuerhalten. So werden z.B. von der Kirche anfangs, wenn auch zoegerlich, Beratungsstellen fuer "sexuellen Missbrauch" eingerichtet, um einerseits der Oeffentlichkeit vorzutaeuschen, dass sie die Sache ernst nehmen, andererseits aber, um zu Vertuschen, dass es auch andere Formen des Missbrauchs durch Kirchenvertreter gibt. Immerhin stehen koerperliche Zuechtigung und erniedrigende Strafen, also physischer und psychischer Missbrauch, in etlichen kirchlichen Betreuungseinrichtungen an der Tagesordnung. Durch die Konzentration auf sexuelle Missbrauchsformen entsteht aber nur die Begriffsverbindung von Sex und Schuld. Als ob es schlimmer waere, von einem Priester "unsittlich" beruehrt zu werden, als von einer Nonne eine in die Fresse zu bekommen.


Wir bewegen uns ein bisschen von der eigentlichen Diskussion weg. Das könnte man vielleicht an anderer Stelle weiterdiskutieren. Gerade in diesem Forum ist unsere Forumsadministreuse recht pingelig:

Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Diskussionen, die sich nicht auf das jeweilige Threadthema beziehen, werden grundsätzlich gelöscht.


Trösterchen
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Beitrag(#44065) Verfasst am: 25.10.2003, 10:55    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Freigeist hat folgendes geschrieben:
Ok, ich uebertreibe es mal:

Mit der Gewalt eines Presslufthammers durchpfluegte er sie, als sie sich wie eine kochende Vulkanspalte vor ihm oeffnete.

Scharf und bildhaft genug? zynisches Grinsen


Gröhl... Gröhl... Gröhl...

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Die Uebertreibung war beabsichtigt Mr. Green

Na, in einem kurzen Satz gleich drei bildhafte Vergleiche unterzubringen (Presslufthammer, Pflug und Vulkan), ist schon eine Herausforderung. zwinkern

Zitat:

Gut, du hast Mut bewiesen und deiner Version gepostet. Dabei bist du selber deinem Vergleich von Kritiker und Eunuch untreu geworden. Finde ich aber auch gar nicht schlimm, weil es sehr deutlich zeigt, welche unterschiedlichen Vorstellungen man hat (und die eigenen sexuellen Fantasien sind sehr individuell).


Also mit meinen sexuellen Fantasien hat mein Satz absolut gar nichts zutun Verlegen. Aber Du hast schon recht! Manche brauchen es so Küßchen oder so Peitsche Mr. Green

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Er fasste sie bei den Hüften und stieß in sie. Wieder und wieder. Ihr herausfordernder Gesichtsausdruck, ihr höhnisches und wissendes Lächeln und die bereitwillig geöffneten Schenkel ließen ihn schier wahnsinnig werden. Und das, nach was er sich sehnte, aus früherer Zeit in nur allzu deutlicher Erinnerung, die Erlösung, stellte sich nicht ein. Er ließ ab von ihr und blickte sich wie in Rage um. Den nächsten, sich ihm aufreizend präsentierenden Menschen packte er und drang in ihn ein. Mann oder Frau? Er wusste es nicht, es war ihm egal. Allein wichtig war ihm nun seine Befriedigung geworden. Mensch um Mensch, Frau und Mann, griff er und nahm ihn, wahnsinnig vor Lust, unfähig, Befriedigung zu erlangen. Schließlich hielt er erschöpft inne und spürte eine Berührung an seinem Arm. Er drehte den Kopf, schweißüberströmt, und erblickte Elli.

Wäre vielleicht meine Version gewesen. Mr. Green Mr. Green Mr. Green Mr. Green Mr. Green


Wow, Du bist ja richtig begabt! Mein lieber Hr. Gesangsverein! Anbeten

Siehst Du, habe ich Dich schlussendlich selbst dazu gebracht, Dir zu beweisen, dass es stilistisch besser geht! zwinkern

Ok, ein paar Kleinigkeiten wuerde ich auch an Deinem Text aendern wollen, aber ich will das jetzt nicht gleich in ein Duell ausarten lassen... Duell
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Heike N.
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Beitrag(#44067) Verfasst am: 25.10.2003, 11:09    Titel: Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Siehst Du, habe ich Dich schlussendlich selbst dazu gebracht, Dir zu beweisen, dass es stilistisch besser geht! zwinkern


Es lag mir fern, Michael zu beschämen. Cool

Ob das nun ein Beweis war oder nicht, sei mal dahin gestellt. Und ob das stilistisch besser war, entspringt nur deinem eigenen Geschmack. Ich könnte mich nun auch den stilistischen Bienchen-und-Blüten-Vergleichen einer Hedwig Kurz-Maler bedienen: sehr geschmackvoll. Mit den Augen rollen

Zitat:
Ok, ein paar Kleinigkeiten wuerde ich auch an Deinem Text aendern wollen, aber ich will das jetzt nicht gleich in ein Duell ausarten lassen... Duell


Au fein! Ein Meistersinger-Wettstreit!

Mr. Green
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Beitrag(#44079) Verfasst am: 25.10.2003, 11:39    Titel: Antworten mit Zitat

Ich finde die Sache in der Vorhölle der Unkeuschen gut - schön leidenschaftlich, feurig, hehe.

Jetzt tut mal nicht so beschämt, weil die Sprache da etwas deutlicher wird - seid mal ehrlich und überlegt mal, was für Fantasien Ihr selber habt! Auf den Arm nehmen
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Beitrag(#44097) Verfasst am: 25.10.2003, 12:16    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Um den Bogen wieder zu kriegen: sicherlich wird sich Jan Stollberg in der Vorhölle der Unkeuschen nicht jedesmal ein neues Kondom übergezogen haben. Musste aber auch nicht sein, er war ja eh schon tot.


Das ist allerdings ein sehr ueberzeugendes Argument Sehr glücklich

Zitat:
Wir bewegen uns ein bisschen von der eigentlichen Diskussion weg. Das könnte man vielleicht an anderer Stelle weiterdiskutieren. Gerade in diesem Forum ist unsere Forumsadministreuse recht pingelig


Na, dann schnell wieder zurueck zum Thema! Nein, so geht das nicht!
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Beitrag(#44183) Verfasst am: 25.10.2003, 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

Meine Güte, hier ist ja in den letzten Tagen Einiges passiert. Ich werde versuchen, auf die vielen Beiträge halbwegs vernünftige Antworten zu geben.

Don Quixote schrieb:
Zitat:
Das Einzige, was mich ein wenig enttäuschte, war die Tatsache, dass Günter Anders in dem Roman nicht vorkam! Er hätte es doch verdient gehabt, die antiquierten Menschen in den Kampf gegen den noch antiquierteren Gott zu führen, oder?


Ohne Zweifel. Anders war einer der militantesten Atheisten in der Philosophie. (Wenn ich mich nicht irre, hat er sogar einmal einem Freund die Freundschaft aufgekündigt, als er erfahren hatte, dass dieser in die Kirche eingetreten ist...) Gerade Anders hätte den militanten Flügel der Philosophie im Kampf gegen Unterdrückung gut repräsentieren können (ich erinnere hier an sein umstrittenes Buch zur Frage des gewaltsamen Widerstands!)

Warum taucht nun Anders nicht auf? An dieser Stelle hat sich einmal der Schriftsteller gegen den Philosophen durchgesetzt. Ich wusste nicht, wie Anders, den Einzelgänger, in die Geschichte hätte einbauen können. Im Prinzip gab es nur die Entscheidung: Mache ich Camus zu Stollbergs ständigem Begleiter oder aber Günter Anders? Da sich aber nach den ersten Kapitel abzeichnete, dass das Grundthema des Romans der Kampf mit dem Absurden sein würde, entschied ich mich für Camus. Später sah ich einfach keine Gelegenheit, Anders einzubauen. Im Ring der Todsünder tauchen ohnehin eher zu viele Personen auf, als dass dies einem Roman gut täte...

Freigeist schrieb:
Zitat:
Nun, auch wenn es vielleicht etwaige narzistische Charakterzuege, vor denen wohl kaum ein Mensch ganz gefeit ist, verletzen koennte, aber so unrecht, finde ich, hat sie mit ihrer Kritik nicht. Mir (wie auch ihr) hat das Buch inhaltlich durchaus sehr gefallen, sowohl was die philosophischen Beziehungen betrifft als auch den Aufbau und die Handlung. Aber sprachlich hebt es sich nicht gerade von der Masse ab.

Ich bin ja selber kein Schriftsteller, darum ist mein Rat vermutlich so, als ob ein Blinder den Einaeugigen fuehren wollte. Aber wenn ich ein Buch schreiben wuerde, faenden sich darin bestimmt mehr Sprachbilder und Analogien, mit denen sich insbesondere delikate Szenen elegant darstellen liessen. Nur so als Anregung...


Keine Sorge, mich verletzt sowas nicht! Cool
Ich kann es nachvollziehgen, dass dem einen oder anderen die Sprache des Romans nicht zusagt. Was die Verwendung von Sprachbildern, Metaphern etc. angeht: Damit bin ich bewusst sparsam umgegangen. Ich habe da so einen Leitsatz: Je fantastischer deine Geschichte, desto einfacher und realistischer die Sprache, je realistischer die Geschichte (also je näher am Alltag), umso fantastischer kann die Ausdrucksform sein! Ich persönlich mag es nicht, wenn Fantastisches auf fantastische Weise und Alltägliches auf alltägliche Weise erzählt wird. Ich finde sowas unspannend...

Heike N. schrieb:
Zitat:
Witzigerweise wird sich nur über eine deutliche Sprache mokiert, wenn es um Sexualität geht. Hierüber regt sich keiner auf:

Stollbergs Inferno hat folgendes geschrieben:
Kleine weiße Maden tummelten sich auf dem Teller. Sie schwammen in einer dickflüssigen, grünlich-braunen Substanz, die von Schimmel durchsetzt war. Jan würgte. Er konnte es nicht zurückhalten. Sein Magen rebellierte. Er kotzte, bis nur noch Galle kam
[...]
Wie gelähmt beobachtete er, wie sein Tischnachbar Maden, Schimmel und Erbrochenes genüsslich in sich hineinschaufelte.

Und das ist mal wirklich ekelhaft (Mist, ich wollte am Wochenende Geflügel machen und Michael hats mir mal wieder versaut.)


Zunächst einmal Entschuldigung dafür... Lachen
In der Tat ist diese Stelle ähnlich drastisch wie die Sexszenen. Mir ging es darum, dem Leser einen adäquaten Eindruck vom Geschehen zu vermitteln. Mittels drastischer Sprache läst sich der Ekel authentisch vermitteln. Das gleiche gilt für die verzweifelte Sexsucht der Vorhölle der Unkeuschen. Die Verwendung stilvoller Metaphern schien mir da unangebracht. Das Geschehen ist nicht stilvoll, sondern entwürdigend, warum also eine würdevolle Sprache wählen?

Freigeist schrieb:
Zitat:
Nichts dagegen - aber redest Du in der Umgangssprache wirklich so wie im Buch? Ich gehe mal davon aus, dass Du es nicht wahnsinnig aufregend oder gar erregend, auf jeden Fall aber nicht sonderlich originell finden wuerdest, wenn Dein Partner zu Dir sagte: "Ich stecke Dir jetzt meinen Schwanz in die Ritze!"...
Ok, Ihr vergnuegt Euch sicher nicht wie in der Vorhoelle der Unkeuschen (vermute ich mal Winken), aber man kann explizite oder drastische Schilderungen gewiss auch auf sprachlich hoeherem Niveau erzielen. Zugegeben, das ist schwieriger - aber solchen Anspruechen muss nun mal ein Romanautor auch gerecht werden.


Frage: Was ist sprachlich höheres Niveau? Für mich zeichnet sich sprachlich hohes Niveau darin aus, dass es einem Schreiberling gelingt, die richtige Formen für seine Inhalte zu finden...
In der Weltliteratur wurden ähnlich drastische Szenen vor allem von Henry Miller und Charles Bukowsky beschrieben... Wenn ihr Spaß daran habt, vergleicht mal die Sex- und Kotzszenen aus dem Inferno mit den Werken dieser beiden von der Kritik (seltsamer Weise?) hoch gelobten Autoren.
BTW: Ich glaube, das Wort "Ritze" habe ich zuerst bei diesen beiden gelesen...

Zitat:
Diesbezueglich habe ich die Kritik meiner Mailfreundin urspruenglich auch missverstanden. Es geht nicht um die explizite Darstellung sexueller Handlungen sondern um die sprachliche Einkleidung. Wenn ich ein billiges Pornoheft kaufe, bekomme ich in bezug auf Wortwahl ("Schwanz", "Ritze", "kotzen"), grammatikalische Konstruktionen (simple Hauptsaetze - s.h. Dein Buchzitat, das sich nicht auf Sexualitaet bezieht) und Originalitaet in der Beschreibung qualitativ Gleichwertiges. Auf Pornoheftniveau schreiben kann praktisch jeder - das ist (eben) keine Kunst. Literatur ist aber nun mal eine Kunstform und muss daher anderen Anspruechen gerecht werden.


Hältst du Miller und Bukowsky für keine nennenswerten Schriftsteller? Zu den simplen Hauptsätzen: Auch das ist eine Frage von Form und Inhalt. Wenn kurze prägnante Formulierungen (Hauptsätze) ein Zeichen schlechter Literatur wäre, dürfte man beispielsweise Hemmingway nicht unter die großen Autoren einordnen...

Zitat:
uer mich steht allgemein bei der Beurteilung von Romanen der Handlungsaspekt sehr stark im Vordergrund, weswegen ich anfangs die Stilkritik auch nicht richtig wahrgenommen habe. Aber ich habe mich ueberzeugen lassen, dass sie gerechtfertigt ist: die groesste Schwaeche des Buches ist sicher der sprachliche Stil. Um nicht missverstanden zu werden: er ist fuer mich grossteils ok - aber nicht mehr. Bei den expliziten Stellen, insbesondere den Sexszenen, laesst er aber doch zu wuenschen uebrig.


Seltsamerweise geht es mir da völlig anders. Ich sehe zwar auch an manchen Stellen sprachliche bzw. dramatische Probleme (manche der philosophischen Gespräche scheinen mir ein wenig langatmig zu sein; der Entschluss, Gott zu stürzen, kommt allzu unvorbereitet und auch das Gespräch mit Luzifer hätte ich anders ausgestalten können) allerdings bin ich sprachlich und dramaturgisch gerade mit den Sex- und Ekelszenen ziemlich zufrieden, weil sie die Erniedrigung und die Triebhaftigkeit m.E. sehr lebendig rüberbringen...

lemonstar schrieb:

Zitat:
Ich meine, dass er jene Szenen durchaus absichtlich so direkt, unverblümt geschildert hat, vor allem deswegen, da solche drastischen Formulierungen besonders schockieren. Bekanntermassen verfügt er ja auch über die Fähigkeiten "kompliziert" zu formulieren. Außerdem richtet, wie Heike schon erwähnte, sich der Ausdruck stark nach der Zielgruppe.
Statt der bildhaften Darstellung etwas wie "dann nahm er sie, doch die vollkommene Verschmelzung wurde ihnen nicht zuteil" zu verwenden, vermittelte mE die Intentionen (Versagensängste etc. s.o.) nicht annähernd so gut.


Wie gesagt: Das sehe ich genauso. Die Sprache des Romans passt sich dem jeweiligen Geschehen an. Meist hält sich der olympische Erzähler sehr zurück. Er wird in den meisten Szenen gar nicht wahrgenommen, da die Handlung in der Regel durch Dialoge vorangetrieben wird. Es gibt jedoch auch Szenen, in der der Erzähler nicht unbeteiligt ist, in denen er in die Hauptfigur hineinschlüpft und dementsprechend seinen Stil ändert. Dies ist gerade auch in den Sexszenen der Fall. Die Erzählperspektive ist hier nicht mehr objektiv, der Erzähler selbst ist von der gleichen unstillbaren Geilheit befallen wie die Hauptperson...

Zitat:
Meine Idee, die Darstellung zu entschärfen/verbessern, wäre , dass sobald Stollberg zu den kopulierenden Menschen kommt, ein Zeitsprung/Blende stattfindet und mit einer detaillierten Darstellung seiner Verzweiflung, seines Wahnes, nachdem sämtliche Befriedigungsversuche misslungen sind, fortgesetzt wird (kurz bevor Elli ihn findet).


Das wäre sicherlich eine Möglichkeit gewesen. Ich hätte damit jedoch den linearen Aufbau der Geschichte durchbrochen. Dehalb habe ich den Kunstkniff gewählt, den Erzähler mit der Hauptperson emotional gleichzuschalten...

Heike N. schrieb:
Zitat:
Genau das ist es. Stollbergs verzweifelte Kopulationsversuche, wie er hastet von einem zum anderen, eben auch diese wirklich reduzierte Sprache (weil es letztendlich immer mehr um die Reduktion geht), weil die Erregung ihn übermannt und er mit nichts anderem mehr denken kann als mit dem Kleinhirn, ist bestens ausgedrückt. Ups... oder wollte Michael etwas in der Art ausdrücken, dass das männliche Gehirn in tiefere Sphären rutscht?


Nein. Kleinhirn-Literatur ist an dieser Stelle durchaus angebracht... Lachen

Freigeist schrieb:
Zitat:
Hm, wer ist denn die Zielgruppe? Waere interessant, von Michael zu erfahren, wen er denn damit wirklich ansprechen wollte! Ich nehme an, dass es sich dabei nicht um uns handelt, denn das entspraeche wohl eher freigeistiger Masturbation...


Natürlich ist es das Ziel gewesen, mit diesem Roman auch Personengruppen anzusprechen, die sich jenseits des freigeistigen Gettos bewegen. Soweit ich dies überblicken kann, ist dies auch halbwegs gelungen. Wir müssen allerdings schauen, wie wir das Buch noch besser auf den "Märkten" platzieren können, für die es gedacht ist. Das ist nicht ganz so einfach...
Aber natürlich ist das Buch auch für Freigeister gedacht. Es handelt sich dabei ja nicht nur um eine belletristische Aufarbeitung der Religionskritik. Wie gesagt: Mit dem Problem der Absurdität der menschlichen Existenz müssen sich nicht nur religiös denkende Menschen herumschlagen...

Zu Freigeists und Heikes schriftstellerischen Alternativen:

Hmm, so wahnsinnig war Jan ja nicht, dass er sein Glied als "Presslufthammer" empfinden konnte... Der Satz klingt sehr komisch... Allerdings wollte ich nicht, dass der Leser an dieser Stelle lacht. Dann wäre der dramaturgische Effekt völlig im Eimer...

Heikes Alternative liest sich zwar gut, ist m.E. aber viel zu sanft, um die Kleinhirn-Geilheit von Jan in diesem Moment zu beschreiben... Das wilde Tier, der unbeugsame Trieb, wird für mich dadurch nicht greifbar. Wenn ich das so lese, denke ich mir, naja, Typ, nu hab dich nicht so... Lachen

Wie gesagt: Das alles ist Geschmackssache, aber auch eine Frage der eigenen literarischen Ästhetik. Für mich gibt es keine Sprache, die an sich auf höherem Niveau angesiedelt ist. Sprache muss den Sachverhalt, um den es geht, möglichst klar zum Ausdruck bringen. Literarisches Niveau zeigt sich für mich darin, wenn es einem Autor gelingt, die richtige Form für seine Inhalte zu finden. Ob mir das in diesem Roman gelungen ist, kann ich nicht natürlich beurteilen. Das kann nur jeder Leser selbst entscheiden.

Deshalb finde ich es sehr spannend, mit euch darüber in diesem Forum zu diskutieren... Ich freue mich darüber, dass ihr eure Kritik nicht zurückhaltet. Das hier soll ja kein Stollbergs Inferno- oder gar MSS-Huldigungsforum sein.
Das heißt natürlich nicht, dass ich über lobende Anerkennung unglücklich wäre zwinkern. Aber: Jeder, der dieses Forum besucht, sollte wissen, dass ich es ihm oder ihr nicht übel nehmen würde, wenn er/sie den Roman abgrundtief schlecht finden sollte... (Dies nur für diejenigen, die es problematisch empfinden, über ein Buch in Anwesenheit des Autors zu schimpfen...) zwinkern


So, ich denke, das wärs. Wenn ich in den nächsten Tagen nicht in diesem Forum anwesend sein sollte, liegt es daran, dass ich unterwegs bin. Ich werde aber auf jenden Fall versuchen, auf Beiträge zu antworten.
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Heike N.
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Beitrag(#44239) Verfasst am: 25.10.2003, 21:50    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Heike N. schrieb:
Zitat:
[...]Und das ist mal wirklich ekelhaft (Mist, ich wollte am Wochenende Geflügel machen und Michael hats mir mal wieder versaut.)


Zunächst einmal Entschuldigung dafür... Lachen


Schon OK, es gab Hackfleischpfanne. Lachen

Zitat:
In der Tat ist diese Stelle ähnlich drastisch wie die Sexszenen. Mir ging es darum, dem Leser einen adäquaten Eindruck vom Geschehen zu vermitteln. Mittels drastischer Sprache läst sich der Ekel authentisch vermitteln. Das gleiche gilt für die verzweifelte Sexsucht der Vorhölle der Unkeuschen. Die Verwendung stilvoller Metaphern schien mir da unangebracht. Das Geschehen ist nicht stilvoll, sondern entwürdigend, warum also eine würdevolle Sprache wählen?


Eben diese Intension hatte ich dir auch unterstellt. Genauso hatte ich es verstanden und deshalb empfand ich es richtig so.

Wie gesagt, ich lese es gerade noch einmal und da ist mir aufgefallen, dass die anschließende Sexszene im "Garten Eden" der Aufseherinnen etwas zu flach und "lieblos" dargestellt wurde. Nach meinem Verständnis hätte sie sich umfassend emotionaler darstellen müssen. Es liest sich fast so, als hättest du an der Stelle keine Lust mehr gehabt und nur halbherzig geschrieben. Das Liebesgeständnis von Jan gegenüber Elli wirkt dadurch nicht so glaubwürdig.

Ich könnte nun diesen Text so interpretieren, dass Jan (zumal er sich inmitten dieser selbstbewussten Frauen doch Schwierigkeiten mit seiner Schüchternheit bekommt und nach seinen Aussagen eine solch selbstbewusste Frau wie Elli noch nicht kennengelernt hat):

a) Emotionale und sexuelle Defizite im Hinblick auf Frauen hat
b) Ein (männliches) Wunschdenken verwirklicht: hinein mit ihm und die Frau ist genauso geil und bekommt - ohne viel "Drumherumgebastel" - dennoch zur gleichen Zeit völlig unspektakulär einen Orgasmus, was u.U. (trifft die Annahme zu) wiederum zu a) führen kann.

Für das IMHO unrealistische Liebesgeständnis an Elli habe ich zwei Interpretationsmöglichkeiten:

a) Er ist eingeschüchtert ob dieser selbstbewussten (und faktisch wesentlich älteren) Frauen (mag bildlich verstärkt werden durch sein plötzlich jugendliches Aussehen) und verwechselt Liebe mit Bewunderung und Ehrfurcht
b) gleich wie man davon gehört hat, dass Menschen in Todesangst oder gravierenden Krisensituationen nichts anderes zu tun haben als noch einmal fix zu kopulieren, verwechselt er Sex mit Liebe.

Zitat:
Zu Freigeists und Heikes schriftstellerischen Alternativen:

Heikes Alternative liest sich zwar gut, ist m.E. aber viel zu sanft, um die Kleinhirn-Geilheit von Jan in diesem Moment zu beschreiben... Das wilde Tier, der unbeugsame Trieb, wird für mich dadurch nicht greifbar. Wenn ich das so lese, denke ich mir, naja, Typ, nu hab dich nicht so... Lachen


Mir ist gerade noch rechtzeitig eingefallen, dass in diesem Forum keine pornographischen Texte geduldet werden. Verlegen

Zitat:
Wie gesagt: Das alles ist Geschmackssache, aber auch eine Frage der eigenen literarischen Ästhetik. Für mich gibt es keine Sprache, die an sich auf höherem Niveau angesiedelt ist. Sprache muss den Sachverhalt, um den es geht, möglichst klar zum Ausdruck bringen. Literarisches Niveau zeigt sich für mich darin, wenn es einem Autor gelingt, die richtige Form für seine Inhalte zu finden. Ob mir das in diesem Roman gelungen ist, kann ich nicht natürlich beurteilen. Das kann nur jeder Leser selbst entscheiden.


Absolute Zustimmung.

Zitat:
Deshalb finde ich es sehr spannend, mit euch darüber in diesem Forum zu diskutieren...


Für mich ist das eine neue und tolle Erfahrung. Macht Spaß.
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Beiträge: 14

Beitrag(#44406) Verfasst am: 26.10.2003, 15:41    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Was die Verwendung von Sprachbildern, Metaphern etc. angeht: Damit bin ich bewusst sparsam umgegangen. Ich habe da so einen Leitsatz: Je fantastischer deine Geschichte, desto einfacher und realistischer die Sprache, je realistischer die Geschichte (also je näher am Alltag), umso fantastischer kann die Ausdrucksform sein! Ich persönlich mag es nicht, wenn Fantastisches auf fantastische Weise und Alltägliches auf alltägliche Weise erzählt wird. Ich finde sowas unspannend...


Interessanter Ansatz!

Zitat:
In der Tat ist diese Stelle ähnlich drastisch wie die Sexszenen. Mir ging es darum, dem Leser einen adäquaten Eindruck vom Geschehen zu vermitteln. Mittels drastischer Sprache läst sich der Ekel authentisch vermitteln. Das gleiche gilt für die verzweifelte Sexsucht der Vorhölle der Unkeuschen. Die Verwendung stilvoller Metaphern schien mir da unangebracht. Das Geschehen ist nicht stilvoll, sondern entwürdigend, warum also eine würdevolle Sprache wählen?


Kommt darauf an, was man unter "stilvoll" versteht. Ich habe nun tatsaechlich Beispiele dafuer gefunden, dass es sehr wohl moeglich ist, sprachliches Niveau und passenden Freiraum fuer Fantasie zu halten, auch wenn man Perversionen (egal ob sexueller oder anderer Natur) beschreibt. Falls Du dazu eine Anregung sehen (lesen) willst, dann empfehle ich mal "Die Buecher des Blutes" von Clive Barker. Einige seiner Horrorstories sind schon so ziemlich am Maximum, was man an sexuellen und anderen Perversionen beschreiben kann, aber er begibt sich dabei nie auf das sprachliche Niveau von Billigpornographie.

Zitat:

Frage: Was ist sprachlich höheres Niveau? Für mich zeichnet sich sprachlich hohes Niveau darin aus, dass es einem Schreiberling gelingt, die richtige Formen für seine Inhalte zu finden...


Darunter verstehe ich, dass man dazu mehr Einfallsreichtum benoetigt, als das Stammpublikum im Beisl ums Eck.

Zitat:
In der Weltliteratur wurden ähnlich drastische Szenen vor allem von Henry Miller und Charles Bukowsky beschrieben... Wenn ihr Spaß daran habt, vergleicht mal die Sex- und Kotzszenen aus dem Inferno mit den Werken dieser beiden von der Kritik (seltsamer Weise?) hoch gelobten Autoren.



Es geht nicht um die Handlung an sich, sondern darum, wie sie ausgedrueckt wird. Erstere kann drastisch sein, ohne dass man bei letzterem grosse Abstriche machen muss.

Zitat:
BTW: Ich glaube, das Wort "Ritze" habe ich zuerst bei diesen beiden gelesen...


Argumentum ad autoritatem zwinkern

Zitat:
Hältst du Miller und Bukowsky für keine nennenswerten Schriftsteller? Zu den simplen Hauptsätzen: Auch das ist eine Frage von Form und Inhalt. Wenn kurze prägnante Formulierungen (Hauptsätze) ein Zeichen schlechter Literatur wäre, dürfte man beispielsweise Hemmingway nicht unter die großen Autoren einordnen...


Tja, sogar Mutter Theresa hat den Friedensnobelpreis bekommen... zwinkern

Spass beiseite: nennenswerte Schriftsteller haben vermutlich die ausserordentliche Begabung, selbst mit sprachlich geringen Mitteln grossen Eindruck zu erzielen. Dass heisst nicht, dass man sich sprachlich einfache Mittel zum Vorbild nehmen sollte. Nicht jeder ist ein Hemmingway...

Zitat:
Wie gesagt: Das sehe ich genauso. Die Sprache des Romans passt sich dem jeweiligen Geschehen an. Meist hält sich der olympische Erzähler sehr zurück. Er wird in den meisten Szenen gar nicht wahrgenommen, da die Handlung in der Regel durch Dialoge vorangetrieben wird. Es gibt jedoch auch Szenen, in der der Erzähler nicht unbeteiligt ist, in denen er in die Hauptfigur hineinschlüpft und dementsprechend seinen Stil ändert. Dies ist gerade auch in den Sexszenen der Fall. Die Erzählperspektive ist hier nicht mehr objektiv, der Erzähler selbst ist von der gleichen unstillbaren Geilheit befallen wie die Hauptperson...


Hm, galt das vielleicht auch fuer den Autor beim Schreiben? zynisches Grinsen

Naja, vermutlich nicht anders als der Leser beim Lesen Verlegen

Zitat:
Natürlich ist es das Ziel gewesen, mit diesem Roman auch Personengruppen anzusprechen, die sich jenseits des freigeistigen Gettos bewegen. Soweit ich dies überblicken kann, ist dies auch halbwegs gelungen. Wir müssen allerdings schauen, wie wir das Buch noch besser auf den "Märkten" platzieren können, für die es gedacht ist. Das ist nicht ganz so einfach...


Ich gehe mal nicht davon aus, dass dieses Buch einer kritischen Analyse im Religionsunterricht zugefuehrt werden wird (vielleicht gar mit Leseproben pikanter Stellen zwinkern)...

Zitat:
Heikes Alternative liest sich zwar gut, ist m.E. aber viel zu sanft, um die Kleinhirn-Geilheit von Jan in diesem Moment zu beschreiben... Das wilde Tier, der unbeugsame Trieb, wird für mich dadurch nicht greifbar. Wenn ich das so lese, denke ich mir, naja, Typ, nu hab dich nicht so... Lachen


Probier mal Clive Barkers "Das Zeitalter der Begierde". Auch ganz nett zynisches Grinsen

Zitat:
Wie gesagt: Das alles ist Geschmackssache, aber auch eine Frage der eigenen literarischen Ästhetik. Für mich gibt es keine Sprache, die an sich auf höherem Niveau angesiedelt ist.


Aha, ein Dekonstruktivist!

Zitat:
Sprache muss den Sachverhalt, um den es geht, möglichst klar zum Ausdruck bringen.


Oha, gibt es also doch unterschiedliche Niveaus!

Zitat:
Literarisches Niveau zeigt sich für mich darin, wenn es einem Autor gelingt, die richtige Form für seine Inhalte zu finden. Ob mir das in diesem Roman gelungen ist, kann ich nicht natürlich beurteilen. Das kann nur jeder Leser selbst entscheiden.


Die Geschmaecker sind verschieden! Manche haben halt keinen zwinkern zwinkern
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Beitrag(#45388) Verfasst am: 28.10.2003, 19:06    Titel: Antworten mit Zitat

Wo ist eigentlich Jesus geblieben und Mutter Teresa? Am Kopf kratzen
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