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Neuerscheinung: Stollbergs Inferno (Salomon)
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Kramer
postvisuell



Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#36531) Verfasst am: 06.10.2003, 01:36    Titel: Antworten mit Zitat

Da im alten Thread wohl nicht mehr weiterdiskutiert wird, kopiere ich meinen Beitrag mal hier rüber:

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Das Buch ist sehr gut gelungen, besonders der Vergleich der Vorhölle mit Kzts, seltsam nur das die Kirch dabei nicht aufgemuckt hat wo doch Ihr Stück das Maria Syndrom verboten wurde.

Es gab und gibt wohl Bestrebungen, dies zu tun, allerdings denke ich, dass die Anlage des Buches (die Höllendarstellung ist ja bloß die Fiktion eines sterbenden Mannes) es den Kirchenjuristen schwermacht, ein solches Verbot juristisch zu begründen.


Menno, jetzt hast Du ja die Pointe verraten. Cool
Das hat mir übrigens beim Lesen schon nicht so gut gefallen: Es wird zu früh klar, worauf die Story hinausläuft.
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Beitrag(#36586) Verfasst am: 06.10.2003, 11:00    Titel: Antworten mit Zitat

thaukelt hat folgendes geschrieben:
Da im alten Thread wohl nicht mehr weiterdiskutiert wird, kopiere ich meinen Beitrag mal hier rüber:

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Das Buch ist sehr gut gelungen, besonders der Vergleich der Vorhölle mit Kzts, seltsam nur das die Kirch dabei nicht aufgemuckt hat wo doch Ihr Stück das Maria Syndrom verboten wurde.

Es gab und gibt wohl Bestrebungen, dies zu tun, allerdings denke ich, dass die Anlage des Buches (die Höllendarstellung ist ja bloß die Fiktion eines sterbenden Mannes) es den Kirchenjuristen schwermacht, ein solches Verbot juristisch zu begründen.


Menno, jetzt hast Du ja die Pointe verraten. Cool
Das hat mir übrigens beim Lesen schon nicht so gut gefallen: Es wird zu früh klar, worauf die Story hinausläuft.


Das stimmt. Spätestens dort, wo Stollberg auf den indischen Atheisten trifft wird klar, was gespielt wird.
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M.S.Salomon
registrierter User



Anmeldungsdatum: 15.09.2003
Beiträge: 389

Beitrag(#36590) Verfasst am: 06.10.2003, 11:13    Titel: Antworten mit Zitat

Zum Thema Sex:

riptor schrieb:
Zitat:
Die Bemerkung von Rolf Cantzen finde ich seltsam - ob er wohl eine Liste da liegen hat, was man ab dem wie vielten Roman machen darf? Und ob er Günther Grass für die Blechtrommel das selbe vorgeworfen hätte?


Nun, Rolf Cantzen deutete damit an, dass ich noch etwas hätte "üben" sollen, bevor ich "heiße Sexszenen" schreibe. Anscheinend findet er gerade diese Szenen sprachlich nicht gelungen (puritanisch ist er aber ganz sicherlich nicht...) Anscheinend ist dies aber Geschmacksache, andere Rezensenten haben ja hervorgehoben, dass sie die Sprache gerade auch in diesen Szenen als angemessen empfinden.

Nergal schrieb:
Zitat:
Es wird ja nicht das ganze Buch hindurch kopuliert, ich kann mich spontan nur an zwei Stellen erinnern. Gehört eben zum Leben dazu, ich sah das ganze aber auch wieder als Anspielung darauf das sich die Helden, selbst in der Vorhölle, nicht unterkrigen lassen, der Mensch stärker ist als kranke Dogmen.


Das war auch meine Begründung, warum ich die Szenen, über die schon im Vorfeld der Veröffentlichung diskutiert wurde, drinhaben wollte.
Es stimmt auch, dass es nur 2 Szenen im Buch sind. (Genaugenommen "kommt" der Held der Geschichte jedoch drei Mal (und wenn man bedenkt, dass sich die ganze Geschichte ja nur in ein paar Millisekunden abspielt, ist das schon ne gute Leistung Lachen )

Nocquae schrieb:
Zitat:
Dem muss entgegnet werden, dass solche Darstellungen überhaupt erst durch ihre ganz 'beiläufige' und 'natürliche' Erwähnung in einem solchen Roman aus der Schmuddelecke herausgeholt werden. Da haben Joachim Goetz und Carsten Frerk schon recht: die Darstellung wirkt nicht aufgesetzt oder peinlich.


Freut mich, dass du das so siehst...

Zitat:
Im Gegenteil bin ich sogar der Ansicht, dass die Szene (oder zumindest die Einbeziehung der Sexualität als Gesamtes) durchaus ihre Existenzberechtigung hat - wenn sie sich nicht sogar geradezu zwingend aus der Handlung ergibt: immerhin erscheint die Verwendung von menschlichen Grundbedürfnissen als Foltermethode in der Hölle schon bei den 'Mahlzeiten'. Und Sex gehört nur folgerichtig ebenfalls in diese Reihe ...


Richtig, darauf habe ich ja bereits in dem Interview auf humanist.de hingewiesen...

Zitat:
Die meisten Abenteuer, die Jan Stollberg zu überstehen hat, sind nicht sexueller Natur. Aber selbst wenn dem so wäre, sähe ich darin kein Problem, denn Sexualität ist nun einmal Urquelle und Antriebsmotor des Lebens. Dass diese Quelle der Lebenslust vom Christentum auf derart gravierende Weise domestiziert und verunreinigt wurde, hat schon Nietzsche völlig zu Recht als "Kapitalverbrechen am Leben" angeprangert. Im Roman habe ich versucht, beide Seiten aufzuzeigen – sowohl die lebensbejahende Kraft der Libido als auch die lebensvergiftende, religiöse Reaktion auf die ach so dunkle Bedrohung einer freien Sexualität.


Alzi schrieb:
Zitat:
Aber für unsere Kinder und Heranwachsenden hätte man das Buch wenigstens in einen Schutz-Umschlag stecken können.


Ernst gemeint? Wenn ja, wie hätte denn der Schutzumschlag aussehen sollen?
Der Hinweis ist interessant, weil er auf einen Themenkomplex hinweist, über den ich auch nachgedacht habe. Vor kurzem habe ich mit einem Gymnasial-Lehrer gesprochen, der mir sagte, er hätte den Roman gerne im Unterricht (Oberstufe) behandelt, wenn da nicht diese Sex-Szenen wären... Smilie
Ist das eine Ausrede oder was haltet ihr davon? Einige von euch gehen ja noch zur Schule. Was würde passieren, wenn ihr "Stollbergs Inferno" als Schullektüre in der Oberstufe vorschlagen würdet? Wäre ja mal ein interessantes Experiment, nicht wahr?
Smilie
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Beitrag(#36591) Verfasst am: 06.10.2003, 11:16    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
(Genaugenommen "kommt" der Held der Geschichte jedoch drei Mal (und wenn man bedenkt, dass sich die ganze Geschichte ja nur in ein paar Millisekunden abspielt, ist das schon ne gute Leistung Lachen )


In diesem Fall kann man wohl mit Fug und Recht von maßloser Selbstüberschätzung sprechen. Mr. Green
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Nav
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Beitrag(#36593) Verfasst am: 06.10.2003, 11:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ich fand die Sexszenen gut und passend - und vor allem "menschlich", auch wenn die Sache in der Vorhölle auch hätte unangenehmer ausgehen können... aber das Mädel hatte die Sache ja gut im Griff! Smilie

Warum mit den Sexszenen in einer Oberstufe ein Problem gegeben sein soll, erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht - man ist in dem Alter wohl alt genug, um ein bißchen Sex aushalten zu können. Da steckt halt noch die alte Prüderie christlicher Prägung drinnen.

Nein, die Sexszenen gehören in das Buch 'rein - sowas ist Teil des Lebens und ganz wichtig fürs persönliche Wohlergehen. Ohne Sex wäre das Buch irgendwie nicht so ehrlich und aufrichtig gewesen.
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Beitrag(#36595) Verfasst am: 06.10.2003, 11:24    Titel: Antworten mit Zitat

Nav hat folgendes geschrieben:
Warum mit den Sexszenen in einer Oberstufe ein Problem gegeben sein soll, erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht - man ist in dem Alter wohl alt genug, um ein bißchen Sex aushalten zu können. Da steckt halt noch die alte Prüderie christlicher Prägung drinnen.


Das verwundert mich ehrlich gesagt auch ein wenig. "The catcher in the rye" z. B. ist Standardlektüre in der Oberstufe und dreht sich im Prinzip um wenig anderes als um die sexuellen Fantasien eines Pubertierenden.
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nocquae
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Beitrag(#36596) Verfasst am: 06.10.2003, 11:24    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Richtig, darauf habe ich ja bereits in dem Interview auf humanist.de hingewiesen...

Zitat:
Die meisten Abenteuer, die Jan Stollberg zu überstehen hat, sind nicht sexueller Natur. Aber selbst wenn dem so wäre, sähe ich darin kein Problem, denn Sexualität ist nun einmal Urquelle und Antriebsmotor des Lebens. Dass diese Quelle der Lebenslust vom Christentum auf derart gravierende Weise domestiziert und verunreinigt wurde, hat schon Nietzsche völlig zu Recht als "Kapitalverbrechen am Leben" angeprangert. Im Roman habe ich versucht, beide Seiten aufzuzeigen – sowohl die lebensbejahende Kraft der Libido als auch die lebensvergiftende, religiöse Reaktion auf die ach so dunkle Bedrohung einer freien Sexualität.
Verlegen ich hätte da Interview vielleicht NOCHMAL lesen sollen ... das erste Mal ist schon wieder zu lange her. Lachen

Zitat:
Alzi schrieb:
Zitat:
Aber für unsere Kinder und Heranwachsenden hätte man das Buch wenigstens in einen Schutz-Umschlag stecken können.


Ernst gemeint?
Nein, mit Sicherheit nicht. Lachen

Zitat:
Ist das eine Ausrede oder was haltet ihr davon? Einige von euch gehen ja noch zur Schule. Was würde passieren, wenn ihr "Stollbergs Inferno" als Schullektüre in der Oberstufe vorschlagen würdet? Wäre ja mal ein interessantes Experiment, nicht wahr? Smilie
Ich halte es für eine Ausrede. Aber vielleicht ist der Betreffende auch einfach nur zu unsicher, um mit solchen Beschreibungen in einem Roman sicher umgehen zu können.
Wenn ich da so überlege, welche Bücher einige meiner Bekannten in der Schule gelesen haben. Mit den Augen rollen
Und in Philosophie haben wir größere Teile einer Verfilmung von de Sades 'Justine' geschaut ... Mit den Augen rollen
Auch rechtliche Bedenken leuchten mir nicht ganz ein: spätestens in der Jgst. 13 sind alle Kursteilnehmer bereits volljährig.
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In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
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Beitrag(#36603) Verfasst am: 06.10.2003, 11:35    Titel: Antworten mit Zitat

Mal ernsthaft, zum Thema "Verbot sexueller Darstellungen für Jugendliche":

Wenn ich meine eigenen Fantasien mit den Darstellungen in der Kunst vergleiche, so sind erstere WESENTLICH "geiler"... zumindest für mich, weil im Kopfkino macht man halt das, was man wirklich scharf findet.

Ich muß aber zugeben, daß in der Szene in der Vorhölle der Unkeuschen schon einige auch für mich inspirierende Dinge dabei waren, die natürlich auch die Fantasie anregen, aber darum gehts hier nicht.

Jedenfalls paßt das genau so, wie es drinnen ist. Das Buch wird dadurch vielseitiger, vor allem, weil sich eine wunderschöne Liebesgeschichte daraus entwickelt.
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M.S.Salomon
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Anmeldungsdatum: 15.09.2003
Beiträge: 389

Beitrag(#36611) Verfasst am: 06.10.2003, 11:45    Titel: Antworten mit Zitat

Krickel schrieb:
Zitat:
Hallo, das Buch ist eine wunderschön lesbare Zusammenfassung für Leute, die sich nicht nur aussschließlich mit Philosophie Theologie usw beschäftigen/beschäftigen können und auch von ihrer Vorbildungf häufig Schwierigkeiten haben, sich da zurechtzufinden (wie ich). Es gibt wenig Bücher in dieser Richtung.
Meine Frage ist, hat sich M.S. Salomon so ein klein wenig an die Novelle "Ereignis am Eulenfluss" vom Ambroce Bierce bzw an den Film "Jakobsleiter" angelehnt? Die Idee kam mir spontan beim Lesen.


Ich muss gestehen: Ich kenne weder die Novelle noch den Film. Worum geht es da?

thaukelt schrieb:

Zitat:
Das hat mir übrigens beim Lesen schon nicht so gut gefallen: Es wird zu früh klar, worauf die Story hinausläuft.


Nav ergänzte:

Zitat:
Das stimmt. Spätestens dort, wo Stollberg auf den indischen Atheisten trifft wird klar, was gespielt wird.


Hmm, waren dadurch die letzten Kapitel (die 45 Seiten nach dem Indienkapitel) weniger spannend? Eigentlich wollte ich die Geschichte in der Schwebe halten. Es sollte nicht ganz klar sein, wie die Geschichte am Ende ausgeht. Mir war es aber auch wichtig, Stollbergs Zweifel an der Authentizität der Geschehnisse aufrecht zu erhalten. Am stärksten kommen diese Zweifel schon viel früher auf, nämlich in Kapitel XXIII (S.115 ff.), wo Stollberg feststellt, dass all das, was er erlebt, in Verbindung mit seinen Vorerfahrungen steht.

Manche Leserreaktionen haben mir gezeigt, dass ich dies vielleicht noch stärker hätte ausbauen können (was allerdings die Voraussagbarkeit der Handlung noch verschärft hätte). So hat eine Lektorin das Buch dahingehend kritisiert, dass sich die auftretenden Personen zu ähnlich seien und keine "Tiefe" hätten. Sie hat einfach übersehen, dass die Charaktere der Handlung allesamt Teile von Stollbergs Persönlichkeit repräsentieren, eine gewisse Ähnlichkeit der Charaktere also notwendigerweise vorherrschen muss...

Noch was zur Voraussagbarkeit: Ihr geht natürlich mit gewissen Vorerwartungen an das Buch heran. Da ich ein naturwissenschaftlich denkender Mensch bin, musste ich natürlich irgendwie den Bogen finden - und die Geschichte am Ende auf den Boden der Realität zurückholen...

Kann man mich oder das Buch aber nicht von vornherein einschätzen, ist man - wie ich von verschiedener Seite erfahren habe - am Ende doch von den Wendungen der drei Schlusskapitel überrascht. So erging es beispielsweise einem "philosophischen Satanisten", der in seiner Rezension von "Stollbergs Inferno" schrieb:

Zitat:
Die Wende kurz nach dem grandiosen Handlungs-Finale wird die Leserschaft wohl ambivalent beurteilen, man darf aber nicht vergessen, dass MSS vermutlich Empiriker ist und damit natürlich vor dem Hintergrund einseitig linear orientierter Paradigmen, also entsprechend zweidimensional interpretiert werden muss.
Aber es handelt sich um eine fiktive Erzählung zu Unterhaltungs- und Inspirationszwecken und die elegante Pirouette, mit der sich M.S.S aus der dramaturgischen Sackgasse rettet, weist ihn als erstklassigen Erzähler aus.

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Wir müssen uns Sisyphos
als einen glücklichen Menschen vorstellen."
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Nav
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Beitrag(#36615) Verfasst am: 06.10.2003, 11:50    Titel: Antworten mit Zitat

Weniger spannend auf keinen Fall, aber irgendwie hatte ich an der Stelle für 5 Sekunden oder so ein bißchen das Gefühl der Enttäuschung.
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M.S.Salomon
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Anmeldungsdatum: 15.09.2003
Beiträge: 389

Beitrag(#36621) Verfasst am: 06.10.2003, 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

Nocquae schrieb:

Zitat:
Ich halte es für eine Ausrede. Aber vielleicht ist der Betreffende auch einfach nur zu unsicher, um mit solchen Beschreibungen in einem Roman sicher umgehen zu können.
Wenn ich da so überlege, welche Bücher einige meiner Bekannten in der Schule gelesen haben.
Und in Philosophie haben wir größere Teile einer Verfilmung von de Sades 'Justine' geschaut ...


Na, dann bin ich ja beruhigt Lachen
Es wäre schön, wenn jemand die Probe aufs Exempel machen könnte!
Es interessiert mich wirklich brennend, wie Deutsch-, Ethik-, Philosophie- oder Reli-Lehrer (hahaha!) damit umgehen, wenn ein Schüler "Stollbergs Inferno" als Lektüre vorschlägt... Sehr glücklich
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fornit
Kaktus



Anmeldungsdatum: 06.10.2003
Beiträge: 552
Wohnort: Wohn ich in der Wüste oder andersum?

Beitrag(#36981) Verfasst am: 06.10.2003, 22:36    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:

So hat eine Lektorin das Buch dahingehend kritisiert, dass sich die auftretenden Personen zu ähnlich seien und keine "Tiefe" hätten. Sie hat einfach übersehen, dass die Charaktere der Handlung allesamt Teile von Stollbergs Persönlichkeit repräsentieren, eine gewisse Ähnlichkeit der Charaktere also notwendigerweise vorherrschen muss...


als autor kann man sich imo schwerlich damit rausreden, daß die story nicht mehr tiefgang oder eben eine diffenzierte charakterdarstellung erlaubte. auch ich habe an dem ansonsten guten roman eben das "romanhafte", also detaillierte situations- und charakterzeichnungen vermisst. allgemein halte ich für etwas suspekt, dass ein roman, in dessen zentrum der mensch steht, ganz ohne menschen auskommt. ein bisschen lebendiger hätte das ganze schon sein können, meinetwegen auch auf kosten einiger feinheiten im plot.

Zitat:

Noch was zur Voraussagbarkeit: Ihr geht natürlich mit gewissen Vorerwartungen an das Buch heran. Da ich ein naturwissenschaftlich denkender Mensch bin, musste ich natürlich irgendwie den Bogen finden - und die Geschichte am Ende auf den Boden der Realität zurückholen...


sehe ich nicht so. bringt es den leser irgendwie weiter, zu wissen, daß mss nicht an gott glaubt? weiss er das nicht sowieso?
mir hätte ein offenes ende wesentlich besser gefallen.
auf den ganzen roman bezogen sehe ich das eben auch ein ganzes stück anders als poincare. gerade als erzähler hast du noch etwas geschwächelt. ein wirklich guter erzähler erzählt eben zunächst einmal eine geschichte und überlässt es dem leser, sich eine meinung zu bilden. in stollbergs inferno ist deine meinung leider ständig präsent, so daß sich das mitdenken leider aufs verstehen beschränken muss, weil die beurteilung der handlung ja schon vorgekaut wurde.

für deine neuen leser mag das auch alles nicht so schwerwiegend sein. aber wenn man wie ich großteile deiner webseite kennt und außerdem "erkenntnis aus engagement" gelesen hat - was btw im gegensatz zu diesem "nur guten" roman ein ganz hervorragendes buch ist - empfindet man es doch als eher unangenehm, wenn man den autor mehr oder weniger in jeder zeile eines buches wiederfindet.

was den sex angeht: kann man im prinzip so lassen, denke ich. wobei ich die vorstellung, daß "warme, liebevolle" menschen die ejaklationsstimulanz schlechthin seien, schon ziemlich kitschig, um nicht zu sagen zeugen-jehova-style, finde.

cu, fornit
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Nergal
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11433

Beitrag(#37056) Verfasst am: 06.10.2003, 23:23    Titel: Antworten mit Zitat

Sexualität in der Hölle, dem Ort der Sünde und Sünden verrechnung schlechthin, und das ganze wird nicht in der Oberstufe behandelt?

Die Lehrer sind auch nicht mehr so konfrontationsfreudig wie früher, das was in Stolbergs Inferno steht haben die Schüler doch längst mit 13-14 ausprobiert zynisches Grinsen da wird doch höchstens die jungfräuliche relilehrerin rot.

Wo mir gerade einfällt wieso ist die Gewalt immer noch so viel Salonfähiger als Sex?
Wenn Anhuld, Stalone , und Bronson böse Buben zu hunderten killen dann finden wir das vollkommen ok,wenn aber irgendwo mehr gescvhieht als nur dröges herumgefummle dann ist das gleich schlimme Pornographie.

Wo wir gerade bei gewalt sind, hat eigentlich irgendwer von euch meine Comicempfehlungen: "Lobo der Engelmacher" bzw "Lobo, Himmel und Hölle" gelesen?
Da wird sozusagen ausführlich zelebriert was Stollberg und Co ganz fix ausführen Mit den Augen rollen
Lobo, ein unsterblicher Kopfgeldjäger (unsterblich deshalb weil man ihn weder im himmel noch in der hölle je mals wieder sehen will) wird von einigen Mönchen angeheuert um Ihren Gott umzulegen, aber vorsicht Lobo gilt als die am meisten gewaltverherrlichende Figur seit Spawn.



"Natürlich verstossen diese Raketen gegen die Genferkonvention, aber ich hab sie ja nicht unterschriben!" -Lobo, riding the Godwave-
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M.S.Salomon
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Anmeldungsdatum: 15.09.2003
Beiträge: 389

Beitrag(#37202) Verfasst am: 07.10.2003, 03:40    Titel: Antworten mit Zitat

fornit schrieb:
Zitat:
als autor kann man sich imo schwerlich damit rausreden, daß die story nicht mehr tiefgang oder eben eine diffenzierte charakterdarstellung erlaubte. auch ich habe an dem ansonsten guten roman eben das "romanhafte", also detaillierte situations- und charakterzeichnungen vermisst. allgemein halte ich für etwas suspekt, dass ein roman, in dessen zentrum der mensch steht, ganz ohne menschen auskommt. ein bisschen lebendiger hätte das ganze schon sein können, meinetwegen auch auf kosten einiger feinheiten im plot.


Ich kann diese Kritik sehr gut nachvollziehen. Dieses Problem war mir während des Schreibens sehr bewusst. In gewisser Weise trugen der Geschichtenerzähler und der Philosoph in mir einen Kampf aus - und oftmals unterlag auch der Geschichtenerzähler, das gebe ich zu. Der bislang schärfste Kritiker des Romans zitierte in diesem Zusammenhang einen Satz aus der Feder des jungen Ernst Bloch: "Es gibt nur Karl May und Hegel, alles dazwischen ist eine unreine Mischung."
Natürlich ist Stollbergs Inferno in dieser Hinsicht eine unreine Mischung, das Buch ist für einen Roman zu philosophisch, und für ein Philosophie-Lehrbuch zu romanhaft. Man kann darüber streiten, ob man das eine oder andere Element hätte stärker gewichten sollen. Sicherlich werden in dem Roman eher Ideen, Stereotype, Denkmuster vorgeführt als reale Menschen. Aber so war die Geschichte nun einmal konstruiert.
Ich gebe zu: Nachdem ich das Manuskript fertig hatte, war ich selbst einigermaßen skeptisch, ob das Buch überhaupt funktioniert. Vor allem war ich unsicher, ob Leser ohne größere philosophische Vorbildung, die sich an den versteckten "Ostereiern" womöglich gar nicht erfreuen können, das Buch mit Genuss lesen können.
Was mich dann aber verwundert hat, ist, dass in den meisten Reaktionen die Geschichte selbst im Mittelpunkt stand und als spannend empfunden wurde, während die Philosophie, die ich mit dem Buch transportieren wollte, ziemlich in den Hintergrund geriet. Vielleicht hätte der Geschichtenerzähler noch öfter den Kürzeren ziehen sollen (Niur ein Scherz zwinkern)

Zitat:
mir hätte ein offenes ende wesentlich besser gefallen.


Wie hätte das aussehen können? Doch ein Leben nach dem Tod? Da streubt sich der naturalistische Philosoph in mir...
Normalerweise liebe ich auch offene Schlüsse. In dem Fall aber bevorzuge ich die harte Unausweislichkeit eines Endes (Tod!), der keine alternativen Deutungen mehr zulässt. Ich finde auch dies kann sehr spannend sein...

Zitat:
auf den ganzen roman bezogen sehe ich das eben auch ein ganzes stück anders als poincare. gerade als erzähler hast du noch etwas geschwächelt. ein wirklich guter erzähler erzählt eben zunächst einmal eine geschichte und überlässt es dem leser, sich eine meinung zu bilden.


Wie gesagt: Ich finde, dass das auf die Geschichte ankommt! Wenn man von der Unausweichlichkeit des Todes spricht - und daraus die Absurdität der menschlichen Existenz ableitet, verbietet sich meines Erachtens eine Form der Erzählung, bei der sich der Leser irgendwie aus der Affäre ziehen kann. Dass ich als Erzähler "geschwächelt" habe, mag ja sein. Aber das mehrdeutige Geschichtenerzählen wäre m.E. dem Thema nicht gerecht geworden. Denn in der Geschichte geht es um etwas Eindeutiges, den einzigen, unhinterfragbaren, real existierenden, nicht wegdiskutierbaren "Stein des Weisen", den Grabstein.

Zitat:
für deine neuen leser mag das auch alles nicht so schwerwiegend sein. aber wenn man wie ich großteile deiner webseite kennt und außerdem "erkenntnis aus engagement" gelesen hat - was btw im gegensatz zu diesem "nur guten" roman ein ganz hervorragendes buch ist - empfindet man es doch als eher unangenehm, wenn man den autor mehr oder weniger in jeder zeile eines buches wiederfindet.


Zunächst einmal Danke für die freundliche Aufnahme von EaE. zwinkern) Ob das Buch besser ist als der Roman, weiß ich nicht. Es hat auch seine Schwachstellen (wahrscheinlich wie jedes Buch...)
Ich gebe zu: Vor allem in Stollbergs Verhören steckt viel von meiner Philosophie. Aber es gibt im Roman doch einiges Neues, was ich so noch nirgends geschrieben habe. Nicht nur die Beschreibung der postmortalen Philosophen, sondern auch das Grundthema des Absurden. Als ich den Roman begann, war ich mir dessen noch gar nicht bewusst. Plötzlich tauchte Camus auf und das Buch nahm einen völlig anderen Verlauf, als ich es ursprünglich gedacht hatte...

Zitat:
was den sex angeht: kann man im prinzip so lassen, denke ich. wobei ich die vorstellung, daß "warme, liebevolle" menschen die ejaklationsstimulanz schlechthin seien, schon ziemlich kitschig, um nicht zu sagen zeugen-jehova-style, finde.


Hahaha! Das ist herrlich boshaft! So habe ich die Stelle noch gar nicht gesehen! Toll, was man so alles lernt! Lachen
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#37417) Verfasst am: 07.10.2003, 18:06    Titel: Antworten mit Zitat

@gustav:

Lobo, Lobo, er ist unser Mann!
Fraggt das Universum so gut er es nur kann!

Persönliche Empfehlung: "Lobo & Die Maske"

Zurück zum Thema. zwinkern
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Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Prometeus
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Anmeldungsdatum: 30.07.2003
Beiträge: 34

Beitrag(#37460) Verfasst am: 07.10.2003, 19:36    Titel: Antworten mit Zitat

Zuerst mal muß ich feststellen, daß es mir und meiner Partnerin ähnlich ging wie anderen Postern hier im Forum. Nachdem ich erst mal angefangen habe zu lesen legte ich das Buch erst nach Ende der Lektüre wieder aus der Hand. Der Roman sollte zur Pflichtlektüre im Unterricht gemacht werden.

Zum Thema Sex:

Sowohl meine Partnerin als auch ich empfanden das Kapitel über die Vorhölle der Unkeuschen keineswegs als störend. Im Gegenteil. Sex und unerfüllte sexuelle Phantasien gehören zum richtigen Leben. Ich denke, würde dieser Teil fehlen, so fehlt am ganzen Roman etwas Wesentliches.

Was mich etwas verwundert: Dass Bakunin den "Anarchisten" im Roman schlechthin verkörpert, aber der eigentliche Anarchist "Gustav Landauer" nicht mal als Statist vorkommt. Aber das hat wohl mit den persönlichen Vorlieben des Autors zu tun.

Gratulation zum gelungenen Roman!

Prometeus
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Wer den Knüppel in der Hand hält schreibt auch die Geschichtsbücher!
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Krickel
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Anmeldungsdatum: 04.10.2003
Beiträge: 3

Beitrag(#37546) Verfasst am: 07.10.2003, 22:02    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Krickel schrieb:
Zitat:
Hallo, das Buch ist eine wunderschön lesbare Zusammenfassung für Leute, die sich nicht nur aussschließlich mit Philosophie Theologie usw beschäftigen/beschäftigen können und auch von ihrer Vorbildungf häufig Schwierigkeiten haben, sich da zurechtzufinden (wie ich). Es gibt wenig Bücher in dieser Richtung.
Meine Frage ist, hat sich M.S. Salomon so ein klein wenig an die Novelle "Ereignis am Eulenfluss" vom Ambroce Bierce bzw an den Film "Jakobsleiter" angelehnt? Die Idee kam mir spontan beim Lesen.


Ich muss gestehen: Ich kenne weder die Novelle noch den Film. Worum geht es da?


In der Novelle von Ambroce Briece wird ein Südstaaler gehenkt, im Fallen läuft in seinem Gehirn die Befreiung ab (der Strick reißt) und gerade als er zuhause ankommt und seiner Frau in die Arme sinken will, explodiert alles zu weißem Licht. Am Schluss baumelt die Leiche im Wind.
Der Film hat die gleiche Konstruktion, spielt aber im Vietnamkrieg während der Operation eines Verwundeten.
Aber es wird wohl so sein, dass diese Idee öfters in der Literatur vorkommt. Auf jeden Fall Michael, Dein Buch ist Klasse.
Gruß
Krickel
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Mit oder ohne Religion werden gute Menschen Gutes und böse Menschen Böses tun. Damit aber gute Menschen Böses tun, dazu bedarf es der Religion. ( Nobelpreisträger Weinberg im Spiegel Nr. 30 vom 26.07.99)
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Falameezar
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Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 1867
Wohnort: umringt von glücklichen Kühen

Beitrag(#37592) Verfasst am: 07.10.2003, 23:49    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
"The catcher in the rye" z. B. ist Standardlektüre in der Oberstufe und dreht sich im Prinzip um wenig anderes als um die sexuellen Fantasien eines Pubertierenden.


Was an diesem Buch (Der Fänger im Roggen) so faszinierend sein soll, hat sich meinem bescheidenen Geist entzogen.

Allerdings "Stolbergs Inferno" von MSS fand ich spannend, so daß ich es sogar mit auf die Arbeit nahm, um es in den Pausen weiterlesen zu können. Die "Sexszenen" fand ich, im Vergleich zu den anderen Vorhöllen, richtig dosiert. Interessant fand ich die These, daß auch das Ausleben der Lust (Essen, Sex) zur Qual werden kann, also die Umkehrung des christlichen "Lust durch Qualen" (Geißler, Selbstkreuzigungen etc.)

Insgesamt fand ich den Roman packend, informativ (Überblick über Humanisten u. Freidenker) u. witzig. Leider wird der Preis "Otto Normalverbraucher" von einem Kauf abhalten, wobei es gerade für diesen eine Einsteigerlektüre sein könnte. Daumen hoch!
_________________
Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15. Jahr keinen Religionsunterricht zu erteilen, dann wird etwas von ihr zu hoffen sein.

Arthur Schopenhauer (Philosoph, 1788-1860)
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Falameezar
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Beitrag(#37598) Verfasst am: 07.10.2003, 23:58    Titel: Re: Stollbergs Inferno Antworten mit Zitat

Krickel hat folgendes geschrieben:
Hallo, das Buch ist eine wunderschön lesbare Zusammenfassung für Leute, die sich nicht nur aussschließlich mit Philosophie Theologie usw beschäftigen/beschäftigen können und auch von ihrer Vorbildungf häufig Schwierigkeiten haben, sich da zurechtzufinden (wie ich). Es gibt wenig Bücher in dieser Richtung.
Ansonsten bin ich froh, direkt von der ersten Ausgabe eines erhalten zu haben.
Gruß
Krickel


Hi Krickel,

Hab dein Posting leider zu spät gelesen u. kann mich ihm nur anschließen.

Grüß mir das Ute-Forum
Kurt
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Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15. Jahr keinen Religionsunterricht zu erteilen, dann wird etwas von ihr zu hoffen sein.

Arthur Schopenhauer (Philosoph, 1788-1860)
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#37621) Verfasst am: 08.10.2003, 03:12    Titel: Antworten mit Zitat

Das der Michael gerade hier ist, habe ich mal eine Frage, die etwas off-topic ist. Ich bin in verschiedenen Foren aktiv, in einem christlichen Foren habe ich schon zweimal erlebt, dass Dein Text über die "Kriminalgeschichte des Atheismus" in Ausszügen von Christen zitiert und als argumentative Waffe missbraucht wurde.

Ich weiss nicht ob Du ein Woody-Allen-Fan bist und die Szene in "Der Stadtneurotiker" kennst, in der Woody Allen im Kino in einer Schlange steht, während hinter ihm ein ein Schwätzer über irgendwelche Theorien eines namhaften Filmexperten schwadroniert, worüber sich Woody Allen mächtig aufregt. Als es zum Streit kommt, zieht Woody Allen den Filmexperten ins Bild, der dem Schwätzer mal so richtig die Meinung geigt: "Sie haben meine Theorien überhaupt nicht verstanden!" usw. (Eine meiner Lieblingszenen zwinkern)

Darf man Dich auch mal ins Rampenlicht ziehen, wenn man der Meinung ist, dass Christen Deine Texte nicht in Deinem Sinn zitieren? (Ich gebe zu, das wäre mir ein Riesenvergnügen.)

BTW: Es ging da nicht um Beiträge von mir. In dem Fall, an den ich mich erinnere, ging es um einen Beitrag von Volker Dittmar, dessen Seite Du sträflicherweise noch immer nicht verlinkt hast. zwinkern
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M.S.Salomon
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Anmeldungsdatum: 15.09.2003
Beiträge: 389

Beitrag(#37652) Verfasst am: 08.10.2003, 09:15    Titel: Antworten mit Zitat

prometheus schrieb:
Zitat:
Was mich etwas verwundert: Dass Bakunin den "Anarchisten" im Roman schlechthin verkörpert, aber der eigentliche Anarchist "Gustav Landauer" nicht mal als Statist vorkommt. Aber das hat wohl mit den persönlichen Vorlieben des Autors zu tun.


Nicht unbedingt! Wie bereits gesagt, musste der Philosoph in mir stets Kompromisse mit dem Geschichtenerzähler schließen (und auch umgekehrt). Landauer, Stirner oder Most hätten im Roman theoretisch natürlich erscheinen müssen. Das Problem ist aber, dass es immer schwerer wird die Handlung voranzutreiben, wenn zu viele Charaktere auftauchen. Deshalb treten neben Bakunin bloß 40 nicht weiter benannte Anarchisten auf, die an der Befreiung des Lagers der Verdammten mitwirken (Kapitel XXVII).
Bakunin habe ich eigens herausgehoben, weil dies dramaturgisch sinnvoll war:
1. Ich konnte ihn wunderbar als "Gegenspieler" von Marx einsetzen
2. Er ist ungefähr zur gleichen Zeit gestorben wie Marx und Feuerbach (seine postmortalen Verhöre konnten also zum gleichen Zeitpunkt abgeschlossen sein)
3. Er sicherlich einer der bekanntesten Anarchisten (zumindest mit seinem Namen können viele Leser etwas anfangen)
4. Bakunin hat den Satz geprägt, der die Handlung am besten beschreibt: "Wenn Gott existierte, müsste man ihn beseitigen!"

Zitat:
In der Novelle von Ambroce Briece wird ein Südstaaler gehenkt, im Fallen läuft in seinem Gehirn die Befreiung ab (der Strick reißt) und gerade als er zuhause ankommt und seiner Frau in die Arme sinken will, explodiert alles zu weißem Licht. Am Schluss baumelt die Leiche im Wind.


Klingt interessant. Werde ich mir zulegen...

thaukelt schrieb:
Zitat:
Ich weiss nicht ob Du ein Woody-Allen-Fan bist und die Szene in "Der Stadtneurotiker" kennst, in der Woody Allen im Kino in einer Schlange steht, während hinter ihm ein ein Schwätzer über irgendwelche Theorien eines namhaften Filmexperten schwadroniert, worüber sich Woody Allen mächtig aufregt. Als es zum Streit kommt, zieht Woody Allen den Filmexperten ins Bild, der dem Schwätzer mal so richtig die Meinung geigt: "Sie haben meine Theorien überhaupt nicht verstanden!" usw. (Eine meiner Lieblingszenen Winken)

Darf man Dich auch mal ins Rampenlicht ziehen, wenn man der Meinung ist, dass Christen Deine Texte nicht in Deinem Sinn zitieren? (Ich gebe zu, das wäre mir ein Riesenvergnügen.)


Natürlich kenne ich den Film und die Szene (Woody Allens Filme und Bücher zählen zu meinen liebsten Inspirationsquellen).
Wenn das nicht zu häufig vorkommt, habe ich nichts dagegen, hinzugezogen zu werden, wenn irgendwelche Deppen meine Artikel ins falsche Licht rücken (Das sowas hin und wieder passiert, ist mir bekannt)

Zitat:
In dem Fall, an den ich mich erinnere, ging es um einen Beitrag von Volker Dittmar, dessen Seite Du sträflicherweise noch immer nicht verlinkt hast.


Stimmt! Eine wirklich hervorragende Internetseite. Leider gilt dies nicht für meine Linkliste. Die ist leider hoffnungslos überaltert, weil ich nicht dazu komme, sie zu pflegen. Sollte dies jedoch irgendwann einmal der Fall sein, werde ich VDs Website natürlich verlinken...
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Heike N.
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Beitrag(#37663) Verfasst am: 08.10.2003, 09:36    Titel: Antworten mit Zitat

Falameezar hat folgendes geschrieben:
Was an diesem Buch (Der Fänger im Roggen) so faszinierend sein soll, hat sich meinem bescheidenen Geist entzogen.


Öh, ja. Allerdings bin ich etwas vorbelastet. Das war Schullektüre und da sind die Erinnerungen erfahrungsgemäß vielleicht etwas subjektiver.

Zitat:
Interessant fand ich die These, daß auch das Ausleben der Lust (Essen, Sex) zur Qual werden kann, also die Umkehrung des christlichen "Lust durch Qualen" (Geißler, Selbstkreuzigungen etc.)


Keine Umkehrung nach meinem Verständnis, sondern die "gerechte Strafe" für Menschen, die nicht nach den Richtlinien (Gebot der Mäßigung, Verbot der sexuellen Lust) gelebt haben.

Die Schilderungen über das verdorbene, mit Maden durchsetzte Essen empfand ich übrigens als wirklich widerlich. Ich kann seitdem nichts mehr über Nietzsche lesen, ohne dieses Bild des Geflügel verdrückenden Wahnsinnigen vor Augen zu haben.

Ich frage mich allerdings, was mit den fetten und herumhurenden Päpsten der vergangenen Jahrhunderte geschehen ist. Oder habe ich da etwas nicht mehr in der Erinnerung?
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Nav
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Beitrag(#37666) Verfasst am: 08.10.2003, 09:38    Titel: Antworten mit Zitat

OT, aber nicht unwichtig, wie ich meine:

Es bleibt zu bedenken, daß das Prinzip "Lust durch Qualen" nicht primär ein christliches ist. zwinkern
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M.S.Salomon
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Beitrag(#37674) Verfasst am: 08.10.2003, 09:58    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Keine Umkehrung nach meinem Verständnis, sondern die "gerechte Strafe" für Menschen, die nicht nach den Richtlinien (Gebot der Mäßigung, Verbot der sexuellen Lust) gelebt haben.


ich würde sagen, gerechte Strafe durch Umkehrung...

Zitat:
Die Schilderungen über das verdorbene, mit Maden durchsetzte Essen empfand ich übrigens als wirklich widerlich. Ich kann seitdem nichts mehr über Nietzsche lesen, ohne dieses Bild des Geflügel verdrückenden Wahnsinnigen vor Augen zu haben.


Hahaha! Hoffe, das hindert dich nicht daran, Nietzsche zu lesen. Wär doch ne Schande!

Zitat:
Ich frage mich allerdings, was mit den fetten und herumhurenden Päpsten der vergangenen Jahrhunderte geschehen ist. Oder habe ich da etwas nicht mehr in der Erinnerung?


Nein, gut erinnert. Stollberg führt das ja in seinem seiner Verhöre an...
Aber das konnte ich dramaturgisch nicht gut lösen. Stollberg hätte natürlich in der Hölle der Unkeuschen einem Renaissance-Papst begegnen können. Aber das hätte seine Lust wahrscheinlich noch besser gezügelt als Ellis Hände... Lachen
Da diese Szene aber wichtig war für die Weiterentwicklung der Handlung, habe ich darauf verzichtet, zu erwähnen, dass sogar Päpste in die Vorhölle der Unkeuschen verbannt wurden...

Nav schrieb:
Zitat:
Es bleibt zu bedenken, daß das Prinzip "Lust durch Qualen" nicht primär ein christliches ist.


Richtig. Offen eingestandene "Lust durch Qualen" ist nicht genuin christlich. Das heißt aber nicht, dass ein uneingestandener Sado-Masochismus nicht eine wesentliche Triebkraft besonders frommer Menschen war und ist (Beispiel Escriva)....
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Heike N.
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Beitrag(#37676) Verfasst am: 08.10.2003, 10:08    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Keine Umkehrung nach meinem Verständnis, sondern die "gerechte Strafe" für Menschen, die nicht nach den Richtlinien (Gebot der Mäßigung, Verbot der sexuellen Lust) gelebt haben.


ich würde sagen, gerechte Strafe durch Umkehrung...


Das war eine wahrlich salomonische Aussage. Mr. Green

Zitat:
Hahaha! Hoffe, das hindert dich nicht daran, Nietzsche zu lesen. Wär doch ne Schande!


Mit dem guten alten Nietzsche konnte ich noch nie viel anfangen. Nein
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Spock
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Beitrag(#37721) Verfasst am: 08.10.2003, 12:27    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
4. Bakunin hat den Satz geprägt, der die Handlung am besten beschreibt: "Wenn Gott existierte, müsste man ihn beseitigen!"
Das hat für mich etwas sehr klingonisches. Worf sagt ja auch mal "Unsere Götter sind tot, getötet von klingonischen Kriegern vor 1000 Jahren. Sie haben uns mehr Unheil, als Nutzen gebracht."
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M.S.Salomon
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Beitrag(#37946) Verfasst am: 08.10.2003, 19:05    Titel: Antworten mit Zitat

Spock hat folgendes geschrieben:
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
4. Bakunin hat den Satz geprägt, der die Handlung am besten beschreibt: "Wenn Gott existierte, müsste man ihn beseitigen!"
Das hat für mich etwas sehr klingonisches. Worf sagt ja auch mal "Unsere Götter sind tot, getötet von klingonischen Kriegern vor 1000 Jahren. Sie haben uns mehr Unheil, als Nutzen gebracht."


Hahaha! Ein großartiger Satz! Wäre Worf eine reale, gestorbene Person hätte ich ihn sicherlich in den Roman integriert... Aber natürlich hätte auch aus dem guten alten "Spitzohr" Spock eine faszinierende Romanfigur werden können...

Heike N. schrieb:
Zitat:
Mit dem guten alten Nietzsche konnte ich noch nie viel anfangen.


Nun, es kommt darauf an, was man von ihm liest... (Versuche es zum Beispiel mal mit der kurzen Schrift "Der Antichrist"). Fest steht, dass Nietzsche einer der größten Sprachkünstler in der Philosophie war. Ich fand es schade, dass ich im Roman so wenig Originalzitate von ihm unterbringen konnte. Es gibt aber doch einige im Buch, beispielsweise die kurze "Siegesrede", die er hält, nachdem er mithilfe des Flammenschwerts den lang erhofften "Theozid" begangen hat...

BTW: Wenn man so will, ist Nietzsche der Worf des Stollberg-Universums...
Lachen
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Beitrag(#38490) Verfasst am: 09.10.2003, 18:01    Titel: Re: Störende Sex-Szenen in Stollbergs Inferno? Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Es gab einige LeserInnen, die mit der Darstellung sexueller Handlungen im Roman nicht einverstanden waren. Einge meinten, dies würde dem sonstigen "Niveau des Buches" nicht entsprechen


Eine Mailfreundin stellte mir auch mal die Frage, was ich von der Darstellung der Sexszenen im Roman halte, der ihr im uebrigen sehr gefallen hat. Wie es scheint, duerften insbesondere Leserinnen (das "i" ist absichtlich klein geschrieben zwinkern) andere Vorstellungen von Romantik in der Szene am See bzw. andere Erwartungen bei der Vorhoelle der Unkeuschen haben. Ich habe versucht zu analysieren, warum die Szenen so und nicht anders geschrieben wurden und drucke daher mein Antwortmail weiter unten ab. Vielleicht moechte Michael meine Analyse kommentieren?

Zitat:

Zitat:

Wie findest Du eigentlich die Darstellung der Hölle der Unkeuschen und die Beschreibung des anschließenden Geschehens an dem See im Paradies? Es geht mir nicht um das, was dort geschieht, sondern um die Art und Weise der Präsentation / Darstellung / Beschreibung.


Haette mir fast denken koennen, dass Du als Frau Dich daran etwas stossen koenntest zwinkern

Nicht, dass ich der Meinung waere, dass Frauen prueder waeren. Ich meine nur, dass Frauen einen von Natur aus anderen Bezug zu Sexualitaet, Erotik, Romantik, Liebe, etc. haben als Maenner. Ich werde daher versuchen zu erklaeren, warum der Autor meiner Meinung nach diese Stellen so und nicht anders geschrieben hat.

Ich denke mir, dass Autoren, ja Kuenstler ganz allgemein, ihre eigenen Aengste, Traeume, Begierden und Sehnsuechte in ihren Werken widerspiegeln lassen. Bei diesem Buch wuerde es mich nicht im mindesten wundern, wenn M.S. Salomon hier, als Mann, seine psychische Veranlagung in der Person des Jan Stollberg zum Ausdruck gebracht hat.

Warum stellt er also die Vorhoelle der Unkeuschen so explizit pornographisch dar? Weil ihm bzw. uns Maennern das so gefaellt? Dann koennte man ja nicht von "Vorhoelle" sprechen! Ich als Mann denke, dass da mehr dahintersteckt: die meisten Menschen wuerden wohl damit uebereinstimmen, dass der Geschlechtstrieb der Maenner staerker ausgepraegt ist als jener der Frauen (wie gesagt, ich halte Frauen nicht fuer prueder: unter Pruederie verstehe ich, dass man seine eigenen Triebe vor sich und anderen verleugnet). Er wird also von uns als wesentlich machtvoller empfunden. Es ist vermutlich eine Urangst des Mannes, dass sein Geschlechtstrieb, der bisweilen sehr stark sein kann, ihn so ueberwaeltigt, dass er schlicht und ergreifend die Macht ueber sich verliert.

Und genau das geschieht mit Jan Stollberg, der ja, genau genommen, seine Erlebnisse nur fantasiert: seine ureigensten Triebe schalten Vernunft und Verstand, also gerade das, was er als die wesentlichsten Eigenschaften seiner Person sieht, aus und lassen ihn Dinge tun, die er eigentlich gar nicht tun will! Ich meine, wieviele Maenner haetten ernsthaft Lust auf Analverkehr mit grossbusigen Transvestiten? zwinkern

Jan Stollberg schaemt sich ja nachher auch fuer sein Handeln, konnte aber trotzdem nicht anders. Diese absolute Machtlosigkeit, verbunden mit der Unmoeglichkeit, sexuelle Befriedigung, also die Wiedererlangung seiner Macht bzw. Selbstkontrolle, zu finden, ist es, die seine ganz private, "maennliche" Hoelle ausmacht. Es ist auch nicht verwunderlich, dass er letztendes durch eine Frau, die ihn liebt, "erloest" wird.

Ich weiss nicht, wie eine Frau sich eine "Vorhoelle der Unkeuschen" vorstellt (Du kannst ja ein alternatives Kapitel schreiben zwinkern), aber mich wuerde es nicht wundern, wenn andere Aengste darin zum Ausdruck kaemen - vielleicht Vergewaltigung, sexuelle Erniedrigung, etc.?

Neben dieser Erklaerung fuer die explizit pornographische Darstellung gibt es natuerlich auch die, dass M.S. Salomon nunmal gerne schockiert, vor allem dann, wenn es um Tabus geht, die von religioeser Heuchelei getragen werden. Und ab und zu ein wenig Provokation ist ja nicht unbedingt schaedlich... zwinkern

Nun zum Geschehen am See: ob Du es glaubst oder nicht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sich insgeheim jeder Mann wuenscht, dass romantische Beziehungen sich auf diese Weise anbahnen wuerden, obwohl sich die meisten wohl bewusst sind, dass das in der Realitaet einfach so nicht funktioniert, eben weil Frauen etwas andere Beduerfnisse haben. Das liegt aber nicht daran, dass Maenner "nur auf das Eine" auswaeren! Im Gegenteil: diese Fantasie ist weniger Folge eines sexuellen Wunsches an sich als eine von Grundaengsten, mit denen Maenner im Gegensatz zu Frauen zu kaempfen haben.

Auch wenn die meisten Maenner es nie zugeben wuerden, aber bevor sie von einer Frau abgelehnt werden, wuerden sich viele vermutlich lieber selbst in den Fuss schiessen! Jaja, von wegen "das starke Geschlecht"! Wenn es darum geht, einer Frau sein romantisches Interesse zu bekunden und sei es nur, sie anzusprechen, und dabei einen Korb zu riskieren, da wird jeder Mann zum Feigling - in starker Korrelation zur Schoenheit der Frau, eben weil dadurch seine sexuellen Triebe mehr Macht ueber ihn gewinnen, wovor Maenner, wie oben beschrieben, ebenfalls Angst haben. Oder wuerdest Du als Frau einem Mann die Initiative bei der Anbahnung von Beziehungen abnehmen wollen? - Eben!

Daraus erklaert sich schon einmal der "Rollentausch" am See im "Paradies", wo ja schliesslich Elli, also die Frau, die Initiative ueber- und ihm damit die Angst vor Ablehnung abnimmt!

Warum kommt es nun praktisch sofort zum Sex zwischen den beiden? Ist ja fuer Frauen sicher nicht gerade das, was sie sich unter einem romantischen Beziehungsbeginn vorstellen! Auch hier ist es wohl (wenn sicher auch nicht ausschliesslich) mehr die Angst als der Wunsch nach dem "Einen", der die Fantasie von Jan Stollberg treibt: waehrend Frauen sich praktisch immer sicher sein koennen, dass ein Mann romantisches Interesse hegt, wenn er ihnen den Hof macht, gilt das umgekehrt noch lange nicht, dass eine Frau, die sich den Hof machen laesst, ein solches Interesse hat. Viele Frauen geniessen es einfach, die Aufmerksamkeit eines Mannes zu besitzen und denken gar nicht daran, dass sie ihm dabei falsche Hoffnungen machen koennten. Insbesondere schoene Frauen (Elli ist schoen!) sind es gewohnt, dass Maenner ihnen aus der Hand fressen und sind daher einerseits sehr waehlerisch, andererseits, wenn oft auch gar nicht bewusst, ruecksichtsloser, da sich kaum ein Mann traut, ihnen bei ihren Wuenschen zu widersprechen, was einen quasi "anti-erzieherischen" Effekt hat.

Der Grund, warum also Jan Stollberg sich ertraeumt, dass Elli, die ja genaugenommen die Kulmination all der guten Eigenschaften seiner vergangenen Beziehungen ist, praktisch auf der Stelle mit ihm Sex haben will, ist, weil es ihm die Angst nimmt, dass sie ihn tatsaechlich gar nicht begehrt. Solange eine Frau nicht mit einem Mann geschlafen hat, wird er immer die Angst haben, dass sie mit ihm nur spielt, seine Gefuehle niemals erwidern wird, also die Ablehnung wie ein Damoklesschwert ueber der Beziehung haengt!

Ich habe mir ueberlegt, inwiefern man diese beiden Szenen anders schreiben haette koennen, aber ich glaube, dass sie, psychologisch betrachtet, eigentlich sehr gut zu den "letzten Fantasien" eines Mannes passen: die Vorhoelle der Unkeuschen als die Verwirklichung seiner Uraengste vor der Macht seiner eigenen Sexualitaet; das romantische Paradies als ein Ort, an dem ihm alle Aengste vor sexueller Ablehnung durch eine Frau genommen werden. Ist doch schluessig, oder?

Dass die Aengste eines Mannes in einem so geschlechtsspezifischen Bereich wie dem Sexualverhalten anders aussehen als bei Frauen, liegt auf der Hand und erklaert, hoffe ich, warum Du, wie ich vermute, mit der Darstellung in diesen Szenen nicht ganz zufrieden sein koenntest. Vielleicht hilft meine Erklaerung als Mann Deinem Verstaendnis? - Waere natuerlich interessant zu erfahren, wie Du als Frau diese Szenen darstellen wuerdest bzw. was Du von meiner Erklaerung haeltst!
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Heike N.
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Beitrag(#38515) Verfasst am: 09.10.2003, 18:46    Titel: Re: Störende Sex-Szenen in Stollbergs Inferno? Antworten mit Zitat

Freigeist hat folgendes geschrieben:
Wie es scheint, duerften insbesondere Leserinnen (das "i" ist absichtlich klein geschrieben zwinkern) andere Vorstellungen von Romantik in der Szene am See bzw. andere Erwartungen bei der Vorhoelle der Unkeuschen haben.


Geschockt Du denkst, die warten anschließend darauf, dass sie geheiratet werden?

Ich denke, du solltest da nicht verallgemeinern. Die Szenen waren genau richtig und passend. zwinkern
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Beitrag(#38523) Verfasst am: 09.10.2003, 19:03    Titel: Re: Störende Sex-Szenen in Stollbergs Inferno? Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Geschockt Du denkst, die warten anschließend darauf, dass sie geheiratet werden?


Soll bei manchen Frauen vorkommen zwinkern

Na, Spass beiseite: in der Realitaet ist es wohl die sehr seltene Ausnahme, dass sich sexuelle Beziehungen auf solche Weise anbahnen, sowohl was die Rollenverteilung als auch den Zeitrahmen betrifft. Wenn Du aber anderer Ansicht bist, lasse ich mir das von Dir gerne mal zeigen Auf den Arm nehmen

Zitat:

Ich denke, du solltest da nicht verallgemeinern. Die Szenen waren genau richtig und passend. zwinkern


Finde ich auch - ich bin aber auch ein Mann zwinkern

Ah, jetzt wird mir einiges klar: Du bist eine Maennerversteherin! Sehr glücklich
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